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SPUTNIK V - FUENF VOR ACHT

 
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meidlinger



Anmeldungsdatum: 22.07.2004
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BeitragVerfasst am: Fr März 12, 2021 3:44 pm    Titel: SPUTNIK V - FUENF VOR ACHT Antworten mit Zitat

Fünf vor acht / Sputnik V: Der endlose Zoff um russische Exporte
Eine Kolumne von Michael Thumann

Ob Erdgas, Raketen oder Corona-Impfstoff: Russische Exportprodukte sorgen immer wieder für Streit. Die Lehre ist, dass Politiker oft keine guten Kaufleute sind. 12. März 2021, 7:41 Uhr

Russland bietet seinen Impfstoff Sputnik V überall in Europa an. Die europäische Behörde Ema prüft ihn noch, aber schon jetzt steht fest: Sputnik V hat erhebliche politische Nebenwirkungen. In der Slowakei zum Beispiel steht die erst ein Jahr alte Regierung vor dem Aus, weil der Premierminister gegen den Willen seiner Koalitionspartner Sputnik V eingekauft hat. Doch nicht nur die Slowakinnen und Slowaken streiten.
Die Auseinandersetzung um den russischen Impfstoff ist nur einer in der langen Reihe von Konflikten über russische Exportprodukte. Ob Sputnik V oder sibirisches Erdgas und die Gazprom-Pipelines unter dem Meer, ob Atomkraftwerke oder Raketen aus russischer Produktion: Europäer und Amerikanerinnen zoffen sich endlos darüber, wer was warum und wozu den Russen abgekauft hat.

Thema: Sputnik V
Dabei habe ich immer gehört, dass Handel versöhne. Auch vergesse ich Helmut Schmidt nicht, der in der Freitagskonferenz der ZEIT bei Cola und Mentholzigaretten gern sagte: "Wer Handel miteinander treibt, schießt nicht aufeinander." Das war völlig richtig – zu seiner Zeit. Spätestens seit Ausbruch des Konflikts zwischen den Wirtschaftspartnern Russland und Ukraine, allerspätestens seit Donald Trumps Handelskriegen haben wir aber auch gelernt, dass wirtschaftlicher Austausch Kriege nicht immer verhindern kann.

In jüngster Zeit belastet nun Handel zunehmend die internationalen Beziehungen. Das europäisch-chinesische Investitionsabkommen verursachte jüngst Verstimmungen zwischen der EU und der neuen US-Administration. Aber zum Streit inklusive Sanktionen gegen Nato-Verbündete oder Firmen dieser Länder hat bisher nur der russische Export geführt, vor allem in Zukunft das Gas durch die fast fertig gebaute Pipeline Nord Stream 2 und die russischen Abwehrraketen S-400 für die Türkei.

Zur Mehrung des russischen Ruhms
Das hat zwei Gründe. Erstens verkauft Russland seine exportfähigen Güter nicht allein aus wirtschaftlichen, sondern oft genug aus strategischen Gründen. Und zweitens vermischen europäische Politikerinnen und Politiker im Handel mit Russland sehr oft wirtschaftliche und politische Zwecke. Am Ende steht dann ein hässlicher Konflikt.

Erstes Beispiel Sputnik: Die russische Regierung steckt viel mehr Energie darein, Sputnik zur Mehrung des russischen Ruhms in der Welt zu verbreiten, als ihre eigene Bevölkerung gewissenhaft durchzuimpfen. Die misstraut Sputnik nämlich, während der Impfstoff etwa in Serbien reißenden Absatz findet. Diesem Beispiel wollte der slowakische Premier Igor Matovič folgen, um sein zu Hause angeschlagenes Image und seine schlechte Amtsführung aufzupolieren. Ohne Wissen seiner Koalitionspartner kaufte er zwei Millionen Dosen Sputnik und steht nun vor dem möglichen Ende seiner Regierung und Neuwahlen.

Zweites Beispiel Nord Stream 2: Natürlich geht es der russischen Regierung bei dieser Pipeline darum, die Bedeutung der Ukraine als Hauptexportroute für russisches Gas zu schrumpfen. Deshalb investiert Gazprom Beträge, die erst in vielen Jahren Ertrag versprechen. Doch auch in Berlin gab es politische Gründe. Deutsche Politikerinnen und Politiker versprachen sich bei Abschluss der Pipelineverträge vor gut fünf Jahren eine "konstruktivere Politik" mit Russland jenseits der gegenseitigen Sanktionen. Von "Friedenspipeline", "Einbindung Russlands" und "Brücke" ist die Rede. Am Ende der Brücke steht die Bundesregierung nun in einem schwer zu heilenden Streit mit den USA und wichtigen EU-Partnern. Keine guten Kaufleute

Drittes Beispiel S-400: Der türkische Präsident Erdogan hat diese Abwehrraketen für seine Armee gekauft, um gegenüber den Amerikanern eine bessere Verhandlungsposition zu bekommen. Die wiederum warnten ihn, die Abwehrraketen seien wegen ihrer Horch- und Spähtechnik in einem Nato-Land inakzeptabel. Erdogan wollte mit den Raketen Unabhängigkeit demonstrieren – und verlor darüber die Aussicht, den hochmodernen US-Kampfjet F-35 zu kaufen und Teile davon in der Türkei zu produzieren. Präsident Putin dagegen wollte einfach nur einen unlösbaren Streit in die Nato tragen. Das ist ihm perfekt gelungen.

Der Schluss daraus ist nicht, mit Russland keinen Handel zu treiben. Im Gegenteil, es gibt viele politikfreie Bereiche, wo der Austausch mit Russland blüht und reibungslos läuft. Die Lehre ist, dass Politikerinnen und Politiker oft keine guten Kaufleute sind. Sie sollten sich beim Abschluss von Verträgen zwei Fragen stellen: Welche geopolitischen Zwecke verfolgt die russische Regierung mit dem Export und sind das auch unsere Ziele? Und: Überfrachten wir ein bloßes Handelsprojekt selbst mit politischen Hoffnungen? Trifft eines oder gar beides zu, sollten sie besser die Finger davon lassen.

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