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Führungswechsel bei der Deutschland AG!

 
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Eberndorfer



Anmeldungsdatum: 10.09.2006
Beiträge: 2267

BeitragVerfasst am: So Apr 12, 2009 5:52 pm    Titel: Führungswechsel bei der Deutschland AG! Antworten mit Zitat

Führungswechsel bei der Deutschland AG (Bahnchef Mehdorn tritt ab)‏31.03.2009

BERLIN - Unter lebhafter Beteiligung der deutschen Öffentlichkeit ist der Vorstandsvorsitzende des größten Staatsunternehmens der Bundesrepublik, der Deutschen Bahn AG, von seinem Posten zurückgetreten. In Sondersendungen berichten die deutschen Fernsehanstalten über den Abgang des Bahn-Managers, mehrseitige Kommentare führender Tageszeitungen widmen sich der Nachfolgefrage. Die Deutsche Bahn AG (DB AG) beschäftigt über 200.000 Mitarbeiter und erhält Milliardensummen aus der Steuerkasse für Aufträge an die Privatindustrie. Der stark personalisierte Wechsel an der Spitze der Deutschen Bahn AG, die Hartmut Mehdorn mit einer Fraktion führender Großunternehmen beherrschte, kündigt das Ende des Durchbruchkurses der deutschen Wirtschaftspolitik an. Unter Leitung Mehdorns hatte die DB AG das Inlandsgeschäft ausgedünnt und auf wenige Logistikprojekte mit hohem Technologieaufwand konzentriert. Die Staatsholding mit Sitz in Berliner Regierungsnähe wurde bis an die Grenze des Zusammenbruchs hierarchisiert, um im Ausland aggressive Konkurrenzgeschäfte einzugehen und zum weltweit größten Transportunternehmen aufzusteigen. Die Person des Vorstandsvorsitzenden, der als krankhaft hypertroph beschrieben wird, spiegelt die Herrschaftsstrategie des vereinigten Deutschland wider und erregt deswegen die öffentlichen Gemüter.

Hartmut Mehdorn kam 1942 in Warschau zur Welt, wo die Position seines Vaters, eines Angehörigen der deutschen Besatzungsstreitkräfte, die privilegierte Niederkunft ermöglichte. Zur Zeit des Systemkampfes absolvierte er Schulen in Westberlin, deren Frontstadtgeist ihn prägten. Mehdorn trat der Berliner Burschenschaft Frankonia bei. In ihren aktuellen Selbstdarstellungen werben die Burschenschaften mit dem Wahlspruch "Ehre, Freiheit, Vaterland" und unterhalten gewöhnlich auch einen Fechtbetrieb.[1] Als die neu entstandene deutsche Luftwaffe technische Offiziere suchte, begann Mehdorn 1974 eine Militärkarriere. Sie führte ihn an die Spitze des vormaligen Produzenten von NS-Jagdflugzeugen Messerschmitt, der inzwischen erneut Kampfmaschinen herstellte. Weitere Stationen waren führende Positionen beim damals größten deutschen Rüstungsexporteur, der DASA (Deutsche Aerospace Aktiengesellschaft), und anderen Anbietern von Luftkriegsobjekten.

Eroberung

Der Berufsweg Mehdorns nahm mit dem Zusammenschluss der beiden deutschen Staaten einen neuen Aufschwung. Gefragt waren die Rückführung des restlichen Luftfahrtpotenzials der DDR in westliche Hände und ein offensiverer Wirtschaftskurs der vereinigten Großindustrie. Während Mehdorn bei der DASA die Konzentration von Flugzeugwerften und Instandsetzungsbetrieben begleitete, stellte er sich anschließend der Expansion eines renommierten Maschinenbaubetriebes zur Verfügung. Für die Heidelberger Druckmaschinen AG ließ er Firmen in den Niederlanden, den USA und Großbritannien aufkaufen. Exportvertretungen entstanden in Lateinamerika, Asien und Afrika. Die mit erheblichen Kapitalmengen und Börsengeschäften untersetzte Internationalisierung entsprach einem wirtschaftlichen Eroberungskurs, den Berlin im Jugoslawien-Krieg wenig später auch militärisch fortsetzte - unter Beteiligung vormaliger Mehdorn-Betriebe.

Radikal

Noch während des Balkan-Überfalls fanden Mehdorn, inzwischen Luftwaffenhauptmann der Reserve, und Bundeskanzler Kurti Schröder zueinander. Der Sozialdemokrat Schröder hatte das Kriegsgeschehen als einen "Gründungsakt für Europa" bezeichnet und eine "neue deutsche Verantwortung" in der Welt postuliert.[2] Für die wirtschaftlichen Ziele dieser Vision stand Mehdorn zur Verfügung. Er wurde 1999 von Schröder beauftragt, in den größten deutschen Staatsbetrieb, die Deutsche Bahn AG, expansiven Schwung zu bringen, was eine radikale Verschlankung der inneren Strukturen bei maximaler Aufblähung des internationalen Konkurrenzanspruches bedingte. Beide Aufgaben versprach Mehdorn mit Verve zu erledigen.

Absatz

Die Konzentration auf wenige Großprojekte hohen technologischen Standards ICE-Streckenbau/ICE-Triebköpfe usw.) begünstigte kapitalkräftige Anbieter wie Siemens und andere Unternehmen, deren Fähigkeiten aus der Rüstungsproduktion bekannt sind. Tatsächlich entwickelte sich die DB AG unter Mehdorn zu einem Durchflussapparat für Milliardenbeträge, die aus dem Steueraufkommen stammten und dem allgemeinen Personenverkehr entzogen wurden, indem Firmen wie Siemens Hochtechnologie produzierten - zu Lasten des Öffentlichen Personennahverkehrs. Zeitgleich suchten die Steuerempfänger stetigen Absatz im Ausland, den die Bahn AG mit Zukäufen stimulierte [3] oder ausländischen Schienenunternehmen "Serviceleistungen" anbot. Stets folgte (und folgt) die deutsche Eisenbahnindustrie auf dem Fuße.

Totalitäre Methoden

Auf dem Weg zum weltweit größten Logistikunternehmen mit Hauptsitz in Berlin und Tagesentscheidungen über Millionenbeträge mussten die Beschlusswege umso kürzer gehalten werden, wie die Transportstrecken der Bahn AG weiter wurden. Binnen zehn Jahren entstand ein hierarchisierter Konzern, dessen Vorstandsvorsitzender als Zuchtmeister der Belegschaft auftrat und den ein Milieu von Lakaien umgab, das bis in die Gewerkschaften reichte. Die totalitären Methoden, die Mehdorn jetzt zum Verhängnis wurden, verteidigte der Luftwaffenhauptmann d.R. noch bei seinem Abgang als rechtmäßig und sich selbst als unschuldsbeladen.[4] Diese Selbstwahrnehmung entspricht insofern den Tatsachen, als Mehdorn Strukturen schuf, die für seinen Auftrag zwingend waren und bis zuletzt von den deutschen Regierungsparteien mitgetragen wurden.

Inkarnation

Die Mehdorns Abgang zuteil werdende Medienaufmerksamkeit reflektiert diesen Umstand in naiver Weise: erleichtert, weil die Hypertrophie der neudeutschen Welteroberung ein verdientes Opfer zu finden scheint; furchtsam, weil das Ende des wirtschaftlichen Durchbruchkurses, den Mehdorn wie kein anderer inkarniert, Folgen für alle haben wird. "Sie wissen", drohte der abgehalfterte Manager auf seiner letzten großen Pressekonferenz am gestrigen Montag, "wir erleben die schlimmste Rezession in der Nachkriegsgeschichte. Keine Frage, ein Führungswechsel ist in solch schwieriger Lage nicht ohne zusätzliches Risiko. Aber das - meine Damen und Herren - müssen andere verantworten." Der von Mehdorn beschworene Führungswechsel steht angesichts der Krise nicht nur der Bahn bevor. Er betrifft die gesamte Deutschland AG.

[1] www.burschenschaft.de
[2] Regierungserklärung vom 19. April 1999
[3] Informationen zur Expansion der Deutschen Bahn AG finden Sie hier: 2004? 2020!, Märkte öffnen, Demütigende Übernahme, Beispiellos, Deutsche Industrienorm (DIN), Signale auf Expansion, Der Herr der Wege, Boomdiktaturen, Wachstum, Der Herr der Schienen, Erhebliches Potenzial, Zukunftsmärkte jenseits deutscher Grenzen, Effizienzgewinn, Perle, Zum zweiten Mal, Weiterstricken und Begleiterscheinungen der Expansion
[4] Mehdorn bietet Rücktritt an; www.tagesschau.de 30.03.2009

http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/57505
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