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Die Ustaši baten mich um Wasser und ich brachte es ihnen!

 
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Eberndorfer



Anmeldungsdatum: 10.09.2006
Beiträge: 2267

BeitragVerfasst am: So Apr 05, 2009 11:52 am    Titel: Die Ustaši baten mich um Wasser und ich brachte es ihnen! Antworten mit Zitat

Die gefangenen Ustaši baten mich um Wasser und ich brachte es ihnen ...

Es war im Frühjahr 1945. Ich war im März gerade 8 Jahre alt geworden. Der Krieg war noch im Gange. Tito-Soldaten hatten Eberndorf besetzt. Ich sah sie einmarschieren. Ich hatte Angst weg zu laufen, weil ich glaubte von ihnen gesehen worden zu sein. Eine Partisanin rief mir auf Slowenisch zu: "Hab' keine Angst". Kurz vorher sah ich noch eine Nachbarin, wie sie unserem Buergermeister andeutete sich doch auf dem Kolm vor den Partisanen zu verstecken. Beide verschwanden auch in diese Richtung.

Der Buergermeister wurde spaeter, mit anderen Dofbewohnern, von den Tito-Partisanen verschleppt; er kam, wie ein Wunder, aber zurueck. Denn dies geschah nicht vielen. Und die zurueck kamen, starben in der Regel bald danach. Mit welchen 'Wahrheiten' diese Verschleppten ihr Leben neu erwerben mussten, ist nicht bekannt. Das war derselbe Buergermeister, obwohl damals meistens in Na.zi-Uniform zu sehen, der meinen Zievater, wenn edieser rauschig war und wieder einmal ueber Hit.ler herzog, immer vorsorglich in den Gemeindekerker eingesperren liess, damit ihm nichts Schlimmperes, naemlich mindestens - 'Dachau' - passierte.

Es gab noch versprengte Schiessereien um Eberndorf herum. Ich sah einen toten uniformierten Tito-Partisanen ausgestreckt am Boden liegen, wie er nach einem kurzen Lauf hingefallen war. Fliegen umschwärmten seine blutbefleckte Uniform. Es gab damals in Eberndorf Wandaufschriften auf Slowenisch: "Befreite Front" und "Hier ist Titos Jugoslawien". Auch einige jugoslawische Flaggen gab es an Eberndorfer Fenstern, ob aus Überzeugung oder aus Angst, wusste und weiß ich nicht.

Eines Tages trieben die Tito-Partisanen hunderte von gefangenen deutschen Soldaten - später erfuhr ich, dass es sich bei ihnen um Slowenen oder Kroaten im deutschen Dienst handelte -, in den Eberndorfer Stiftshof und neben die sog. 'Alte Schule', in der meine Familie und ich wohnten. Zusammen mit dem Stiftshof war auch die 'Alte Schule' von einer hohen Mauer umgeben. Im Eingangstor des Stiftes und gegenüber lagerten Tito-Partisanen mit Maschinengewehren. Die Gefangenen hatten nichts zu essen, und der damalige ‚Stiftverwalter’ hatte alle Wasserleitungen abgesperrt, ob aus eigenem Entschluss oder auf Befehl der Tito-Partisanen, weiß ich nicht, auch nicht ob es stimmt, dass er dies aus eigenem Entschluss getan hatte, wie man ihm später nachsagte. Denn er war ein Kommunist und Slowene.

Die Gefangenen hatten Durst, und sie baten meinen älteren Bruder und mich, ihnen von außerhalb des Stiftes Wasser zu bringen. Mein Bruder und ich taten dies, bis es uns ein Tito-Partisane im Eingangstor verbot. Da die Gefangenen nicht aufhörten, um Wasser zu bitten, reichte ich ihnen den Wassereimer einige Male über die hohe Mauer. Am Ende musste ich von der Mauer in den Garten hinein springen, weil ich Angst hatte, man würde mich wegen des Wassertragens nicht mehr durch das Tor lassen.

Ich weiß nicht mehr wie lange der Aufenthalt der Gefangenen dauerte. Ich glaube nicht länger als höchstens eine Woche. Ein junger blonder Gefangener lag röchelnd auf einer ausgebreiteten Decke am Boden. Angeblich war er ein SS-Mann und war dabei mit irgendeiner Substanz Selbstmord zu begehen. Ich weiß nicht, ob es ihm gelungen war. Ein anderer Gefangener hob mich auf und kuesste mich, mit Traenen in den Augen. So etwas war mir noch nie geschehen. Denn niemand hatte mich jemals gekusst, nur meinen Bruder. Deshalb merkte ich es mir. Vermutlich erinnerte ich ihn an seinen Sohn oder seine Kinder, die er nie wieder sehen wuerde?

Einer der Gefangenen kam eines Tages in unsere Wohnung und, als ich mich kurz weg begeben hatte, bemerkte ich, dass er beträchtlich an meinem ‚Schmarrn’ genippt hatte. Ich ärgerte mich darüber. Offensichtlich wusste ich nicht, dass die Gefangenen auch hungerten. Später erfuhren wir drei Kinder von unserer Mutter, dass sie diesen Gefangenen und noch einen anderen im Schlürfkamin der Küche zwei Tage lang versteckt gehalten hatte, bis der Gefangenenzug - zur Massenerschießung hinter die Kärntner Grenze, was wir aber damals nicht wussten, abtransportiert worden war. Wo unser Ziehvater, ein Windischer und windischer Kaerntner Abwehrkaempfer, sich während all dieser Zeit aufgehalten hatte, wusste ich nicht. Vermutlich hatte er sich außerhalb des Stiftes bei seiner Schwester vor den Tito-Partisanen versteckt. Später schimpfte er mit unserer Mutter, dass sie uns mit den beiden Versteckten alle in die groesste Lebensgefahr begeben hatte. Denn Gefangenenhelfer wurden von den Tito-Partisanen ruecksichtslos erschossen, wie es auch bei den Nazis üblich war.

Wir hörten nie mehr etwas über das Schicksal der beiden Versteckten, die von unserer Mutter und einer Nachbarin noch mit Zivilkleidern ausgestattet wurden, bevor sie uns verließen. Vermutlich wurden sie ertappt, verraten oder von den Engländern an Tito übergeben, wie wir aber erst Jahre später erfuhren.
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