www.meidling-forum.at Foren-Übersicht www.meidling-forum.at

 
 FAQFAQ   SuchenSuchen   MitgliederlisteMitgliederliste   BenutzergruppenBenutzergruppen   RegistrierenRegistrieren 
 ProfilProfil   Einloggen, um private Nachrichten zu lesenEinloggen, um private Nachrichten zu lesen   LoginLogin 

So denken Muslime in Deutschland!

 
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen    www.meidling-forum.at Foren-Übersicht -> BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND
Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen  
Autor Nachricht
Eberndorfer



Anmeldungsdatum: 10.09.2006
Beiträge: 2267

BeitragVerfasst am: Sa Sep 27, 2008 9:19 am    Titel: So denken Muslime in Deutschland! Antworten mit Zitat

So denken Muslime in Deutschland!
Von Matthias Kamann
27. September 2008

Studie räumt mit Vorurteilen auf - 52 Prozent lehnen das Kopftuch ab
Berlin - Eine neue Studie bringt Bewegung in die deutsche Debatte über den Islam. Dabei handelt die Untersuchung gar nicht vom Islam - sondern davon, welche Bedeutung er für hier lebende Muslime hat. Und es zeigt sich: Die Religion ist ihnen sehr wichtig, doch die meisten verbinden dies mit großer Toleranz. Der Glaube hat eminente Bedeutung für das eigene Leben, ist aber politisch wenig relevant.

Für die am Freitag in Berlin vorgestellte Studie legte die Bertelsmann-Stiftung 2000 repräsentativ ausgewählten Muslimen über 18 Jahre jenen Fragenkatalog vor, mit dem 2006 der "Religionsmonitor" weltweit die Religiosität der Menschen erfasst hatte. Die neue Sonderstudie nun ergab, dass 90 Prozent der Muslime in Deutschland - insgesamt 3,5 Millionen - als religiös zu gelten haben, davon 41 Prozent als hoch religiös. In der Gesamtbevölkerung sind nur 70 Prozent religiös. Die Gläubigkeit der Muslime übertrifft die der deutschen Katholiken und Protestanten.

Betrachtet man einzelne Aspekte muslimischer Religiosität, so findet man Schwerpunkte, die sich mit denen bei Christen decken. Im Zentrum steht der Glaube an Gott und das Leben nach dem Tod, wovon 92 Prozent der Muslime überzeugt sind, 78 Prozent sehr stark. Wichtig ist auch das Gebet, das 60 Prozent mindestens einmal am Tag verrichten, wobei Frauen sich häufiger privat - in freier Formulierung -, Männer öfter in ritueller Gemeinschaft an Gott wenden. Der dritte Aspekt sind Lebensregeln. Zwei Dritteln sind das Fasten im Ramadan, die Pilgerfahrt und die Abgabe eines kleinen Einkommensanteils für Bedürftige wichtig. 86 Prozent sagen, dass sie nie Schweinefleisch essen, 58 Prozent meiden Alkohol.

Doch gilt diese Treue gegenüber Vorschriften nicht bei der Kleidung. 52 Prozent lehnen das Kopftuch ab, unter Hochreligiösen sind es noch 37 Prozent. Für das Kopftuch sprechen sich mehr Frauen als Männer aus. Hieraus folgert der Heidelberger Theologe Michael Blume in der Begleitbroschüre der Studie, dass man stärker die lebenspraktischen Motive der Kopftuchträgerinnen bedenken müsse, statt nur auf fundamentalistische Haltungen zu schließen. Blume vermutet, "dass das Kopftuch auch ein Signal von Frauen sein kann, potenziellen Partnern loyale Verbindlichkeit zu signalisieren, sie aber umgekehrt vor allem auch einzufordern - die muslimische Version von Goethes Gretchenfrage an den zum Beischlaf drängenden Faust: 'Sag, wie hast du's mit der Religion?'" Wie wichtig die Religion für die Absicherung des persönlichen Lebens ist, zeigt sich auch daran, dass mehr als die Hälfte dem Glauben eine zentrale Bedeutung bei der Erziehung, im Familienleben sowie bei Krankheiten und in Lebenskrisen zumisst. Doch für die Sexualität spielt die Religion nur bei 36 Prozent eine entscheidende Rolle. Für die politische Einstellung gar nur bei 16 Prozent.

Wie die 2007 vom Bundesinnenministerium vorgelegte Studie zu Radikalisierungspotenzialen deutsche Muslime kommt auch diese zu dem Schluss, dass rund 85 Prozent der hier lebenden Muslime mit den religiösen Toleranzgeboten unserer Verfassung übereinstimmt, also nicht weniger als im Rest der Gesellschaft. 86 Prozent der Muslime finden, man solle offen gegenüber allen Religionen sein, 52 Prozent lehnen sogar die Aussage ab, dass in religiösen Fragen der Islam "vor allem" recht habe, andere Religionen "eher" unrecht hätten. Nur 31 Prozent glauben, dass "vor allem" Muslime zum Nudelauge gelangen.

Dabei steigt die Toleranz mit zunehmender Glaubensintensität, weil man sich dann auch mit anderen Religionen befasst. "Je religiöser die Menschen sind, um so toleranter werden sie", sagt Martin Rieger von der Bertelsmann-Stiftung und verweist darauf, dass in einer extrem religiösen Gegend wie dem islamischen Nordnigeria 93 Prozent für Offenheit gegenüber allen Glaubensrichtungen plädieren.

Überhaupt finden sich kaum Unterschiede zwischen deutschen Muslimen und ihren Glaubensbrüdern und -schwestern in aller Welt. Auch die innermuslimischen Differenzen zwischen Sunniten, Schiiten und Aleviten entsprechen denen zwischen diesen Richtungen in der übrigen Welt. Diasporaeffekte hingegen - bei denen sich Muslime in der Fremde radikalisieren und von der Religiosität ihres Herkunftslandes absetzen - seien zwar nicht auszuschließen, aber kaum messbar.

Das gilt auch für den Befund, dass jüngere Muslime in Deutschland religiöser sind als ältere. Zwar könnte dies auch daran liegen, dass hier geborene Muslime im Islam einen festen Halt suchen. Es kann aber auch einen demografischen Grund haben: Überall auf der Welt haben religiöse Eltern mehr Kinder als nicht religiöse. Weil Religion vor allem in der Familie tradiert wird, verschieben sich somit in den jüngeren Generationen die Anteile der Ungläubigen und der Gläubigen zugunsten von Letzteren. Mit jugendlichem Fundamentalismus muss das zunächst nichts zu tun haben.

Aus den Befunden folgt für Martin Rieger, dass man den Glauben der hier lebenden Muslime als Pfeiler ihrer Identität akzeptieren müsse. Statt dass man gelingende Integration mit Distanzierung vom Islam gleichsetzt, meint Rieger umgekehrt, "dass die Religiosität als zivilgesellschaftliche Ressource auch für den Integrationsprozess noch intensiver wahrgenommen werden kann. Das betrifft auch die Frage eines angemessenen Religionsunterrichts."

http://www.welt.de/welt_print/article2499297/So-denken-Muslime-in-Deutschland.html
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:   
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen    www.meidling-forum.at Foren-Übersicht -> BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND Alle Zeiten sind GMT + 2 Stunden
Seite 1 von 1

 
Gehe zu:  
Du kannst keine Beiträge in dieses Forum schreiben.
Du kannst auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten.
Du kannst deine Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten.
Du kannst deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du kannst an Umfragen in diesem Forum nicht mitmachen.


Powered by phpBB © 2001, 2005 phpBB Group