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Konspiration

 
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Störtebeker



Anmeldungsdatum: 14.05.2006
Beiträge: 1256

BeitragVerfasst am: Mi Aug 27, 2008 10:26 am    Titel: Konspiration Antworten mit Zitat

Natürlich leben wir nicht in Tibet, wir müssen deshalb keine Staatsführung fürchten, die uns Tag für Tag ausspioniert und mit Hausdurchsuchungen, Verhaftungen oder Gefängnis bedroht. Aber vielleicht wäre es ganz nett, wenn wir uns einmal vorstellen, wie wir konspirativ unter solchen Umständen handeln würden.

In früheren Zeiten ereignete sich Konspiration im verräucherten Hinterzimmer, wo man sich erlaubte, über die Obrigkeit herzuziehen. Nach dieser Seelenreinigung arbeitete man den Rest der Woche als treue Untertanen und zog überall den Hut, wo es die Schicklichkeit und das eigene Fortkommen verlangten. Hin und wieder ließ man sich sogar dazu hinreißen, die Anonymität der Wahlstuben zu nutzen und für den Bauernbund statt für die Zentrums-Partei zu stimmen.

Natürlich gab es auch in der guten alten Zeit die Spitzel und Denunzianten, die solche Konspiranten bei der Obrigkeit zur Anzeige brachten. Schon damals gab es hin und wieder polizeiliche Durchsuchungen; anders als heute wurden die Durchsuchungsbefehle von den anordnenden Beamten sogar eigenhändig unterschrieben. Damals suchte die Polizei Flugblätter, Zeitschriften und Bücher, also in der Hauptsache gedrucktes Material. Allerdings wurden auch Briefe nicht verschmäht, schließlich ist fremde Korrespondenz viel interessanter als die eigenen Briefe von Tante Inga.

Zum Schutz vor solchen unerwünschten Besuchen gab es Geheimfächer, in Schatullen oder Möbelstücken, in denen konspirative Korrespondenz polizeisicher aufbewahrt werden konnte. Reiche Konspiranten konnten sich geheime Winkel und Nischen in ihren Häusern leisten, in denen sogar eine geheime Bibliothek Platz hatte. Der Höhepunkt der Konspiration war jedoch die geheime Druckerei, in der Flugblätter und aufklärende Schriften fabriziert wurden. Diese kostete zwar einigen Aufwand, hatte aber den Vorteil, daß die Schriften nicht mehr aus dem Ausland eingeschmuggelt werden mußten.

Diese alten Techniken werden durchaus heute noch von Untergrundbewegungen eingesetzt, zumindest von solchen, die noch nicht zum bewaffneten Kampf übergegangen sind. Ich behandele deshalb in diesem Artikel auch nicht den Bombenbau und die Attentatsplanung, dafür gibt es Trainingslager, die im Namen Allahs bestimmt auch Ungläubige ausbilden, so man glaubhaft versichert, gegen die richtige Seite losschlagen zu wollen.

Nein, hier geht es eher um die Unterfränkische Befreiungs-Armee. Wie, Sie haben noch nie davon gehört? Und den Schlachtruf: Freiheit für Unterfranken kennen Sie auch nicht? Da sehen Sie einmal, wie großartig konspirativ die UFBA arbeitet! Dabei geht es der UFBA um wirklich hehre Ziele: die Wiederherstellung des Großherzogtums Würzburg in den Grenzen von 1814, den Austritt aus Bayern und der BRD, die Rückkehr des fränkischen Herzogsschwerts und der anderen Krönungsinsignien der Würzburger Fürstbischöfe nach Würzburg, die Mitgliedschaft in der EU als Höchstfördergebiet und die Einführung Reichstalers als eigene Währung. Die UFBA besteht aus zwei Fraktionen, die jedoch bis zum Endsieg eng zusammenarbeiten. Die eine möchte einen weltlichen Großherzog, die andere einen Fürstbischof als weltliches und geistliches Oberhaupt.

Die Zeiten, in denen eine Druckerei einen ganzen Saal füllte, sind zum Glück vorbei. Um ein Flugblatt zu drucken, genügt heute ein Laserdrucker, eine Rechner-Ausstattung von höchstens 2.500,- Euro. Flugblätter druckt man natürlich beidseitig; das Format DIN A4 eignet sich zwar wunderbar für Briefe, aber auf der Straße ist es unhandlich, weil zu groß. Da eignet sich DIN A5 besser, weil es durch seine Größe signalisiert, daß es leicht und schnell zu lesen ist. Dafür braucht man noch einen guten Papierschneider, der diese Blätter sauber trennt.

Natürlich brauchen Flugblätter eine gewisse Gestaltung. Dazu gehören große, provokante und gut lesbare Überschriften, die den Empfänger in den Bann ziehen. Langwierige Erklärungen mit viel Text haben dort nichts zu suchen, es genügen Thesen, Behauptungen und verbale Angriffe, einprägsam geschrieben und natürlich frech, weil sonst niemand darüber spricht. Und ja, natürlich stehen auf einem konspirativen Flugblatt keine Angaben wie “V.i.S.d.P.”. Selbst Kontaktadressen und Telefonnummern sollte man darauf nicht vermerken, höchstens eine konspirative Internet-Adresse (dazu weiter unten).

Es ist keine sonderlich gute Idee, diese Flugblätter auf der Straße zu verteilen. Zum einen ist die UFBA eine Geheimorganisation, da sollten sich deren Mitglieder nicht exponieren. Zum anderen lockt das Polizisten, diskutierfreudige Studenten und des Deutschen unkundige Mitbürger an, für die dieses Flugblatt gar nicht gedacht ist. Da ist es besser, in Geschäften unauffällig einen Packen zu hinterlassen. Natürlich ohne den Inhaber zu fragen, denn wenn er nichts davon weiß, kann er sich immer von dieser Liebesgabe distanzieren, sogar wenn er selbst ein engagiertes UFBA-Mitglied ist.

Ja, die Polizei weiß mittlerweile auch, daß es Computer gibt. Die meisten Beamten haben eine Zusatzausbildung und können diese Geräte sogar einschalten. Deshalb stellt die Polizei eingespielte Raubkommandos zusammen, um unbescholtenen Patrioten die Möglichkeit zu nehmen, Flugblätter zu drucken. Diese Kommandos transportieren die Computer ab, um sie anschließend gemächlich zu untersuchen, in der Hoffnung, sie erst wieder zurückgeben zu müssen, wenn sowohl die Rechner als auch die Texte auf den Flugblättern veraltet sind. Drucker und Papierschneidemaschinen interessieren die Räuber weniger.

Damit wären wir bei den Geheimfächern. In früheren Zeiten gab es Disketten, die man darin versteckt hat, heute sind es USB-Sticks oder CDs. Meinen ersten USB-Stick habe ich für 69,- Euro gekauft, den neuesten für 4,- Euro, dafür hat der auch die 16fache Kapazität. Auf einen solchen USB-Stick paßt 250mal der ganze Bibel-Text, der Platz reicht deshalb für ein paar tausend Flugblätter. Außerdem ist er sehr klein. Da Sie bestimmt aus Gesundheitsgründen das Rauchen aufgegeben haben, nützen Sie einfach Ihr Zigaretten-Etui zur schonenden Aufbewahrung von USB-Sticks.

Noch kleiner als USB-Sticks sind Micro-SD-Karten. Die gibt es ebenfalls in Gigabyte-Größe und sie passen sogar ins Halsband Ihrer Hauskatze. Im Falle einer Hausdurchsuchung lassen Sie Ihren mobilen Datenträger einfach aus dem Haus, dann sucht die Polizei vergeblich.

Gut eignen sich auch Programme zur Datenverschlüsselung. Damit richten Sie ein Geheimfach auf Ihrem eigenen Rechner ein. Nett ist zum Beispiel das völlig kostenlose TrueCrypt. Die Datei nennen Sie auf gut Neudeutsch “HandsOff”, das Paßwort sollte etwas länger sein, also mindestens so lang wie “Schäuble_ist_doof”. Wobei Paßworte, die im Wörterbuch stehen, nicht so günstig sind. Aber dank der neuen deutschen Schlechtschreibung wissen Sie ja, daß Rechtschreibfehler jetzt amtlich zugelassen sind. “SchÄUble_ixt_dOff” ist schon viel schwerer zu knacken, ehrlich!

Mit diesen kleinen Tricks können Sie bereits sehr viel für die Befreiung der unterdrückten Würzburger tun. Sie brauchen keine Mitstreiter, denn jeder Mitwisser ist ein Risiko. Die kleinste Zelle der UFBA ist der einzelne, nicht vernetzte Bürger. Wenn es dann soweit ist und die Revolution ausbricht, die Unterfranken von der bayerischen Unterdrückung befreien wird, melden Sie sich einfach bei den großherzoglichen Rekrutierungsbüros, um Ihre Ansprüche auf eine Opferrente anzumelden und sich für die spätere Verleihung der Patriotischen Tapferkeitsmedaille zu qualifizieren.

Natürlich können Sie sich mit guten Freunden zusammentun. Beim Bier, auf einem Grillabend, es gibt immer Gelegenheit, über die Freiheit für Unterfranken zu reden. Stößt das Thema auf Gegenliebe, können Sie beiläufig erwähnen, daß es Leute gibt, die tatsächlich etwas dafür tun. Überstürzen Sie nichts, sprechen Sie von Gerüchten, die Sie vom heldenhaften Kampf der UFBA gehört haben. Erst, wenn die potentiellen Mitstreiter sich einig sind, daß man das auch tun müßte, können Sie gestehen, daß Sie selbst einer der heldenhaften Freiheitskämpfer sind.

Vier-Augen-Gespräche sind die beste Gelegenheit, um neue Kampfgefährten anzuwerben. Ohne Zeugen läßt sich nichts beweisen. Die Rekruten sollten zunächst einfache Aufgaben erledigen. Bier trinken gehört durchaus dazu… und an einer ruhigen Ecke in der Kneipe ein paar Flugblätter deponieren. Die beste Menge dafür sind 20 bis 50 Stück. Einzelne Exemplare erregen zu wenig Aufmerksamkeit, zu große Stapel werden zu früh bemerkt und landen im Altpapier. Als nächste Ausbildungsstufe gibt es die Mutproben, wie an den Scheibenwischer eines unbewachten Polizeiautos ein Flugblatt befestigen. Die höchste Stufe ist, bei einer CSU-Wahlveranstaltung UFBA-Flugblätter verteilen (Fluchtautos bereithalten!).

Bleiben Sie jedoch immer friedlich! Sicher, es ist spektakulär, den bayrischen Ministerpräsidenten bei einer Wahlkampfrede in die Luft zu jagen, aber damit verletzen Sie zu viele Unschuldige, bekommen eine schlechte Presse und obendrein hat Bayern massenhaft Leute, die einen neuen Ministerpräsidenten abgeben - Sie gewinnen damit nichts. Die Karikaturisten der UFBA müßten sich zudem an ein neues Gesicht gewöhnen.

Es ist ebenso unsinnig, auf Minister zu schießen. Die meisten kennt sowieso niemand, außerdem sind Minister für die Regierungsarbeit völlig unwichtig. Von ihrem Fachgebiet haben sie sowieso keine Ahnung, dafür gibt es erfahrene Beamte, die Ihnen erst gar nicht vor die Flinte laufen. Zudem sind Staatsbegräbnisse nicht gerade billig, das Geld dafür wird Ihren unterdrückten unterfränkischen Landsleuten abgepreßt.

Konspiratives Arbeiten ist immer gewaltfrei. Ich will schließlich keine Revolution ausrufen, denn bei einer Revolution geht viel zu viel kaputt. Sicher, ein paar Bausünden in Würzburg könnte man auf diese Weise bereinigen, aber das kann das großherzogliche Bauamt später mit der Abrißbirne erledigen, das schafft Arbeitsplätze. An die Zerstörung Würzburgs 1945 erinnern sich noch viele, eine intakte Stadt ist uns doch lieber. Ganz davon abgesehen, Seine Durchlaucht, der künftige Großherzog, hat so mit der Residenz gleich einen geeigneten Wohn- und Amtssitz.

Konspiratives Arbeiten wird durch Vernetzung verbessert. Diese Vernetzung erleichtert jedoch den Unterdrückern den Zugriff. Wer vor zehn, fünfzehn Jahren in der Frühzeit der Netzwerktechnik Computernetze installiert hat, kennt noch die Netzwerkarchitekturen, “Bus” oder “Stern”… Das klassische konspirative Netz ist eine Art Stern. In der Mitte sitzt der große Genosse Revolutionsführer, der eine Anzahl Unterführer mit Anweisungen und Informationen versorgt. Die Unterführer kennen sich untereinander nicht, nur der große Boß kennt alle. Jeder einzelne Unterführer beherrscht eine Zelle, die vom großen Boß gehört hat, ihn aber nicht kennt. Innerhalb der Zelle kennen nur jene Leute einander, die sich kennen müssen. Das läßt sich auf eine Anzahl Hierarchieebenen ausdehnen.

Aber das war vor den Zeiten des Internets. Dank der modernen Technik braucht es keinen Revolutionsführer mehr, sondern nur den einen oder anderen engagierten Konspiranten, der Vorlagen für Flugblätter und andere informative Texte im Internet einstellt und sie für jedes Mitglied der UFBA abrufbar vorhält. Da wird es für die Ordnungsmacht schon schwierig, an die Zugriffsprotokolle heranzukommen und einzelne Aktivisten aufzuspüren.

Es gibt aber nicht nur die moderne Technik, sondern auch die großartige Globalisierung. Ein Server, der in Würzburg steht, kann jederzeit von der Bayerischen Politischen Polizei (BayPolPol) ausgehoben werden. Wenn der Server jedoch in einem Land steht, das mehr Achtung vor den Menschenrechten hat, wird das schon schwieriger. An einen Server in Tobolsk kommt die BayPolPol nicht heran. Und wenn die Homepage auch noch auf eine Anwaltskanzlei in Kanton registriert ist, gibt es nicht einmal Zugriffs-Protokolle oder sonstige Daten. Besonders gut ist es, wenn die Texte im Internet kursieren, weil sie gespiegelt und übernommen werden. Da wäre es leichter, den berühmten Sack Flöhe zu hüten.

Abgesehen von diesen wenigen Sternen, die sich exponieren, funktioniert eine Konspiration am besten als Kette oder als kleine Kreise. Eine friedliche konspirative Zelle mit Wasserwerfern und Hundertschaften Bereitschaftspolizei auszuheben, lohnt sich nicht. Ein paar Rechner einkassieren, auf denen das abgespeichert ist, was sowieso im Internet steht, lohnt sich ebenfalls nicht. Die BayPolPol kostet schließlich eine Menge Geld, wenn die Erfolge darin bestehen, 150 Flugblätter der UFBA zu erbeuten, stehen deren Mittel zur Disposition. So läuft das nun mal bei den Beamten - wenn zu wenig dabei herauskommt, werden Mittel gekürzt und Planstellen gestrichen. Ja, die werden den “großen Fischzug” versuchen, aber was nutzt ein Riesennetz, wenn die Fische so klein sind, daß sie durch die Maschen entkommen?

Natürlich ist es schwer, die Öffentlichkeit zu erreichen, wenn der Bayerische Rundfunk Radio und Fernsehen kontrolliert, wenn alle Zeitungen nur die Propaganda der Staatskanzlei verbreiten, wenn München die Steuergelder der unterdrückten Unterfranken abkassiert, um damit die Unterdrückung zu finanzieren. Natürlich ist es schwer, gegen Unterdrücker anzukommen, die Polizei und Gerichte kontrollieren, doch wer den Kampf aufgibt, hat endgültig verloren.

Ja, wir haben einen Traum, und wir haben die Mittel, wir müssen sie nur nutzen. Und wir dürfen nie das große Ziel aus den Augen lassen: Freiheit! Ja, die Freiheit für Unterfranken! Vorwärts, wir alle sind die UFBA!


Quelle: Michael Winkler
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In einer Zeit des Universalbetruges ist die Wahrheit zu sagen eine revolutionäre Tat (George Orwell)
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