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[Störtebeker]

Man kann es drehen und wenden, wie man will, es bleibt bei der Feststellung, der Deutsche ist schuldig. Erst haben wir die Wirtschaft kaputtgemacht, weil wir zu hohe Löhne bekamen, jetzt machen wir die Wirtschaft kaputt, weil wir zu wenig ausgeben.



„Die Konjunktur trübt sich ein, die Angst vor Jobverlust und Rezession kehrt wieder. Prompt üben sich die Deutschen im Konsumverzicht – und machen alles noch deutlich schlimmer.“ konstatiert der FOCUS. Es liegt also keinesfalls an den Steuer- und Abgabenerhöhungen, an den Streichungen der Subventionen, an den gesunkenen Löhnen und im Ausgleich dazu den gestiegenen Preisen. Nein, nein, das alles ist Mumpitz, wir Deutschen sind einfach zu blöd, die BRD-Wirtschaft zu verstehen. Wer weniger Geld hat, muss eben mehr kaufen, damit die Wirtschaft wieder floriert und wieder mehr Geld da ist. Ist doch logisch, oder?

So wird eine offizielle Inflationsrate von 3,3 %, die so mancher wohl eher als 33 % und mehr „fühlen“ dürfte, zwar zugegebenermaßen als die höchste seit 15 Jahren angeführt, aber begründet mit einer angeblichen „Konsumverweigerung“ und der bösen Angewohnheit, an der falschen Stelle zu sparen. „Gleichzeitig beklagt der Einzelhandel sinkende Umsätze. Bei Karstadt oder Kaufhof kriselt es, und Ketten wie Wehmeyer, SinnLeffers und Hertie melden Insolvenz an. Begründung: Flaute an der Registrierkasse.“

Dafür jedoch feiern „Discounter“ Hochkonjunktur, betrachtet man die immer dicker werdenden Schlitten auf den Aldi- und Lidl-Parkplätzen. Gut zu wissen jedoch ist, dass es keinesfalls die sinkenden Einkommen der Masse und die Preissteigerungen für die Masse sind, die eine gewisse Kaufunlust hervorrufen. Nein, es ist die Angst vor einem Börsencrash, die den Hartz4-Empfänger und Niedriglöhner davon abhält, sein Vermögen beim Shopping in den einzelnen Kaufhäusern zu lassen, oder statt sich jedes Jahr das neueste Auto zu kaufen, die Kiste etwas länger zu behalten, und lieber Gold und andere Edelmetalle unters Kopfkissen legt.

Das ist es aber weniger, was dem „Staat“ Sorgen macht, es ist der Mittelstand, den kaputtzumachen sich das Regime so unendlich viel Mühe gegeben hat und dessen Resultate sich langsam zeigen. „Unternehmen reagieren inzwischen ähnlich. Wenn, wie in der vergangenen Woche, sogar ein Dax-Schwergewicht wie die Allianz eine Gewinnwarnung herausgibt, schieben auch Mittelständler Investitionen auf, kürzen Ausgaben für Werbung und Marketing und setzen bei Dienstreisen oder externen Beratern den Rotstift an.“

Der FOCUS wäre wohl kaum der Focus, würde er seinen Artikel nicht mit einer bemerkenswerten Frage abschließen, um auch die Massenentlassungen der Kaufunlust zuordnen zu können: „Doch ist „Vorsorgesparen“ wirklich das richtige Rezept im drohenden Abschwung? Schafft es die Sicherheit, die den Deutschen so wichtig ist? Oder beschleunigt es am Ende gar den Marsch in die Rezession, in der Entlassungen zum Alltag gehören?“



Da ist doch unsere geschätzte Bundesregierung ganz anders, die Herrschaften machen uns vor, wie es richtig gemacht wird. Den letzten Berichten zufolge geht gerade Bundesforschungsministerin Annette Schavan mit gutem Beispiel voran. Anstatt sich dem allgemeinen deutschen, ach so unwirtschaftlichen Sparfimmel zu unterwerfen, lässt sie sich per Bundeswehr-Hubschrauber von Stuttgart nach Zürich zu einer Tagung fliegen, was die Staatskasse mit 26.500 Euro zum Klingeln bringt. Sie hätte natürlich auch einen Erste-Klasse-Linienflug nehmen können, aber der hätte ja nur ca. 330 Euro gekostet, und, sie hätte vielleicht sogar noch ein Schnittchen für den kleinen Hunger bekommen. „Die «Bild am Sonntag» meldete unter Berufung auf das Verteidigungsministerium, der Hubschrauber mit dreiköpfiger Besatzung habe eigens für den Kurztrip nach Zürich von Berlin-Tegel nach Stuttgart fliegen müssen. Anschließend sei es ohne Schavan von Zürich nach Tegel zurückgegangen. Diese Strecke entspricht den Angaben zufolge insgesamt rund 1.330 Flugkilometern. Bei seiner Reisegeschwindigkeit von 278 Kilometern pro Stunde benötige der «Cougar» dafür etwa fünf Stunden.“

Schavan, des Sprechens unkundig, hat eine „Sprecherin“, die das Ganze in logische Bahnen lenkt: „Schavans Sprecherin sagte, die Ministerin sei in Stuttgart bis 14 Uhr in eine Podiumsdiskussion eingebunden gewesen. Um 16 Uhr habe sie Gespräche in Zürich geführt, unter anderem ein lang angefragtes Redaktionsgespräch bei der «Neuen Zürcher Zeitung». Um 18 Uhr habe die Vortragsveranstaltung der Deutsch-Schweizer Handelskammer begonnen, zu der die Ministerin als Rednerin eingeladen gewesen sei.“

Ein Interview mit einer Schweizer Zeitung, Podiumsdiskussionen und eine Handelskammer-Veranstaltung, das sind natürlich weltbewegende Dinge, die die Ausgabe eines Normalverdiener-Jahreseinkommens für einen Sonderflug von 146 km per Bundeswehrhubschrauber unabdingbar machen. Und vor allen Dingen ist es mit Sicherheit kein überzogenes Sparverhalten, was man dem Rest der „Nation“ durchaus vorwerfen muss …

Siehe auch
Focus 17.08.2008

Netzeitung 17.08.2008
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In einer Zeit des Universalbetruges ist die Wahrheit zu sagen eine revolutionäre Tat (George Orwell)