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Juedisches Wien

 
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Eberndorfer



Anmeldungsdatum: 10.09.2006
Beiträge: 2267

BeitragVerfasst am: Mi Okt 03, 2007 12:00 pm    Titel: Juedisches Wien Antworten mit Zitat

(Schueleraufsaetze)

Juedisches Wien

Ein Besuch im Jüdischen Museum bot den Anlaß für diese kurze Abhandlung über das jüdische Wien.

Die erste historische Erwähnung von Juden im Gebiet des heutigen Österreichs stammt aus der Karolinger Zeit – es ist die sogenannte Raffelstätter Zollordnung aus der Mitte des 10. Jahrhunderts. In dieser werden jüdische Kaufleute mit anderen Kaufleuten gleichgestellt.

Die Babenberger förderten die Ansiedlung der Juden, weil diese kapitalkräftig waren. Der erste Jude in Wien war Schlomo – er war Münzmeister von Herzog Leopold V. Er wurde nach Wien gerufen um die 50.000 Mark Silber Köllner Gewichts, die als Lösegeld für den Englischen König Richard Löwenherz bezahlt wurden, als Geldstücke auszuprägen.

Schlomo begründete somit die alte Münzstätte "Am Hof", gleich neben der Babenberger Burg. Aus den vier Häusern, die in seinem Besitz waren, und der Synagoge von 1204 entstand das erste Judenviertel von Wien um den Judenplatz.

Schon Ende des 12. Jahrhunderts (1196) kam es zu den ersten antisemitischen Ausschreitungen in Wien. Kreuzfahrer, die auf ihrem Weg ins Heilige Land durch Wien zogen, ermordeten 16 Juden – unter diesen war auch Schlomo.

Die Herrscher hingegen waren ausgesprochen judenfreundlich. Die "Judenordnung der Babenberger" gilt als die toleranteste Minderheitenregelung des deutschsprachigen Raums im Mittelalter. Sie beinhaltet sogar die Todesstrafe für die Ermordung von Juden und für die Schändung von jüdischen Friedhöfen.

Aufgrund der judenfreundlichen Haltung entwickelte sich Wien zu einem geistigem Zentrum des Judentums im Laufe des 13. Jahrhunderts. Unter Ottokar II wurde die Wiener Judengemeinde zur größten im deutschen Sprachraum. Vor dem Kärntner Tor wurde der erste Judenfriedhof angelegt.

1267 änderte sich die Situation auch in Wien. Aufgrund der Beschlüsse des 4. Laterankonzils wurde der Herrscher gezwungen erste Bestimmungen gegen Juden zu erlassen.

Oft entstand die Rassenfeindlichkeit aus dem Gefühl des Unheimlichen gegenüber anders aussehenden oder sich anders verhaltenden Minoritäten. Insbesondere in Zeiten der Not, z. B. während der Pest, wurde die Schuld dieser nicht erklärbaren Katastrophe den Juden zugesprochen.

Die kirchlichen Konzile haben ab dem 13. Jahrhundert festgelegt, daß Juden keine Bauern und keine Handwerker sein dürften und nur den Beruf der Geldvermittlung ausüben dürften. Dieser wurde wiederum den Christen untersagt. Zur Abgrenzung und besseren Kontrolle wurden die Juden meist in Ghettos, d. h. absperrbare Wohngebiete innerhalb der Städte gezwungen.

Zur großen Katastrophe kam es 1420. Man unterstellte den Wiener Juden mit den Hussiten zusammenzuarbeiten und verbreitete deshalb das Gerücht, daß ein Jude in Enns eine Hostie geschändet hätte. Deshalb wurden alle armen Juden aus Österreich vertrieben, die Reichen wurden verhaftet. Man zog ihren Besitz ein und als die 200 gefangenen Juden sich weigerten zum Christentum überzutreten, verbrannte man sie lebendig in Erdberg, einem Teil des heutigen 3. Bezirks. Mit ihrem Geld bekämpfte man erfolgreich den hussitischen Aufstand.

Für mehr als 100 Jahre gab es keine Juden in Österreich. Da die Habsburger aber stets an Geldknappheit litten, gestatteten sie ab der Mitte des 15. Jahrhunderts Juden die Durchreise und kurze Aufenthalte, natürlich nur gegen die Bezahlung hoher Abgaben.

Ab der Mitte des 16. Jahrunders gab es wieder eine nachweisbare jüdische Bevölkerung in Wien, die sich jedoch vorerst durch einen runden Fleck aus gelbem Stoff auf der linken Brustseite des Gewandes kennzeichnen mußten. Danach setzte sich eine gelbe Haube durch. Die Farbe Gelb galt seit dem Mittelalter als Negativfarbe, da man sie mit dem Schwefelgelb des Teufels verglich. (Vergleiche: NS-Zeit, in der die Juden einen gelben Judenstern trugen.)

1623 wurden alle Wiener Juden außerhalb der Stadt im "Unteren Werd" angesiedelt (heutiger 2. Bezirk). In der Stadt durften sie nur noch in der Judengasse tagsüber ihren Geschäften nachgehen. Abends mußten sie die Stadt verlassen. Im "Unteren Werd" wurde nun auch eine Synagoge eingerichtet.

In der Mitte des 17. Jahrhunderts lebten hier fast 1400 Juden in 132 Häusern. (Auch von den Nationalsozialisten wurde ihnen diese Gegend vor ihrer Deportation in die Konzentrationslager als Aufenthaltsort zugewiesen.) Die neue Synagoge entstand an jener Stelle, wo heute die Leopoldskirche steht. Um das Bethaus bauen zu dürfen, mußten die Wiener Juden zwei Regimenter ausrüsten und verpflegen. Es gab außerdem noch ein Wachhaus mit jüdischen Wachen (Große Sperlgasse 30), ein Spital (Im Werd 7), eine Schule (Grünbaumgasse 1). Die jüdische Bevölkerung lebte im Wiener Ghetto in wirtschaftlicher Freiheit. Sie durften hier auch ein Handwerk ausüben. (Das wurde außerhalb des Ghettos erst unter Joseph II. erlaubt.)

Zu offenem Antisemitismus kam es in der Barockzeit unter Leopold I., dem Kaiser der großen Pest und der zweiten Wiener Türkenbelagerung. Seine Frau Margarita Teresa, eine spanische Habsburgerin, überredete ihn alle Juden aus Wien auszuweisen. (Sie hatte im christlichen Spanien eine starke Abneigung gegen Juden entwickelt.)

1670 veranlaßte der Herrscher die Ausweisung der Wiener Juden. Einen Großteil der aus dem Ghetto Ausgewiesenen nahm Fürst Esterhazy in Eisenstadt und Mattersburg auf. Hier entstanden blühende Judengemeinden, die erst im 20. Jahrhundert von den Nationalsozialisten aufgelöst wurden. Es war dies die Zeit des Antisemitismus. Wörtlich gemeint heißt Antisemitismus Judenhaß!
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