www.meidling-forum.at Foren-Übersicht www.meidling-forum.at

 
 FAQFAQ   SuchenSuchen   MitgliederlisteMitgliederliste   BenutzergruppenBenutzergruppen   RegistrierenRegistrieren 
 ProfilProfil   Einloggen, um private Nachrichten zu lesenEinloggen, um private Nachrichten zu lesen   LoginLogin 

Wider das Märchen vom verantwortungsbewußten Großkapital

 
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen    www.meidling-forum.at Foren-Übersicht -> KOMMENTARE, FEUILLETONS
Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen  
Autor Nachricht
Spitfire



Anmeldungsdatum: 21.02.2006
Beiträge: 402
Wohnort: L.A., California

BeitragVerfasst am: Mi Jul 05, 2006 9:13 pm    Titel: Wider das Märchen vom verantwortungsbewußten Großkapital Antworten mit Zitat

Wider das Märchen vom verantwortungsbewußten Großkapital – Eine Kolumne von Jürgen Schwab



Nachdem nun nach der Niederlage gegen Italien im Halbfinale das Schicksal der deutschen (Fußball-) Nation nicht mehr auf den Füßen von Poldi und Schweini liegt, lohnt es sich ein paar ernsthafte Gedanken anzustellen. Und zwar über die WM und die Wirtschaftsordnung. Zunächst zur Frage: Was bleibt vom deutschen Fußballpatriotismus. Sicherlich die Erkenntnis, und das ist das Positive, daß unsere vielen jungen Landsleute hier ein großen Nachholbedürfnis hatten. Die Fußball-WM war nur der Anlaß. Im Grunde genommen ging es darum, endlich mal auf zentralen Plätzen in unseren Städten das Wort „Deutschland“ herauszuschreien. Man merkte den Leuten hier an, daß sich dabei viel Angestautes entlud.

Das war es dann auch schon. Faktisch ist die WM ein großes Geschäft, der Patriotismus in diesem Rahmen eine Ware wie andere auch. Aber hatte ich ja schon in meinen letzten Kolumnen festgestellt. Daß es sich bei dem Fußballpatriotismus noch nicht um einen selbstbewußten Nationalismus handelt, wurde für mich deutlich, als ich nach dem verlorenen Spiel gegen Italien junge Deutsche miterleben durfte, die feiernde Italiener mit „Spaghetti-Fresser“ und „Pizzalieferanten“ beschimpften. Auch diese gehört zur „westlichen Wertegemeinschaft“: nach oben – zum Vorbild USA – buckeln, innerhalb des Westens scheint es dann eine Hierarchie an Völkern zu geben. Die einen sind entwickelter, die anderen – wie die Sizilianer – weniger, die man dann auf „Spaghetti“ reduziert.

Als die holländischen „Fans“ in Nürnberg zu Gast waren, wurde diesen von deutschen Fans zugerufen: „Ohne Holland fahrn wir nach Berlin!“ Was jene amüsiert zur Kenntnis nahmen. Denn sie wissen ja, von wem die Aversionen ausgehen. Als dann an gleicher Stelle die Italiener sangen: „Ohne Deutschland fahrn wir nach Berlin!“ Da riefen dann gleich welche „Maul halten!“ Nationales Selbstbewußtsein drückt sich vor allem in der Niederlage aus. Ob im Sport oder im Krieg.

Zur Zeit ist es mir aus technischen Gründen nicht möglich, mich an den Diskussionen in den Kommentarspalten zu meinen Kolumnen zu beteiligen. Die Seite „hängt“ sich nämlich in der Kommentarspalte auf, ich kann dann gerade noch ein oder zwei Kommentare lesen, aber nicht mehr weiterblättern und vor allem nicht schreiben.

In einer Kommentarspalte belehrt mich ein Freund des Systems „Aktiengesellschaft“, daß der Aktionär nicht am schnellen, sondern am dauerhaften Gewinn interessiert sei. Das ist ja wirklich komisch – eine solche Binsenweisheit hier aufzutischen. Der Ausbeuter möchte also dauerhaft ausbeuten, weshalb er der Kuh nicht sofort das Euter abreißt. Deshalb muß man die Kuh immer schön aufpäppeln, das heißt in die AG fleißig investieren, damit Wertschöpfung entsteht, und siehe da, die AG läßt sich wunderbar in die Volksgemeinschaft eingliedern. Also, ich möchte auf diese „national“kapitalistische Märchenstunde nicht mehr weiter eingehen.

Wichtiger erscheint mir die Frage zu sein nach dem „Warum der Verstaatlichung“. Es wurde von mir nicht behauptet, daß es hierbei problemfreie Lösungen gibt. Zuviel Verstaatlichung kann die Leistungsbereitschaft einer Volkswirtschaft abwürgen. Keine Frage. Die Großindustrie unter staatlicher Kontrolle wird aber zum einen den Zerstörungswettbewerb von groß gegen klein beenden können. Der private Mittelstand hat dann wieder Entfaltungsspielraum. Karl Marx sprach bezüglich des Kapitalismus von der „Konzentration“ des Kapitals. Der Volksmund, der nicht auf das Geschwätz „nationaler“ Kapitalisten hereinfällt, spricht davon, daß die „Großen die Kleinen fressen“.

Außerdem hätte der Staat durch die Kontrolle über die Großindustrie eine wirklich große Einnahmequelle für seine öffentlichen Ausgaben (Sozialstaat, Beamte, Militär, Polizei, Infrastruktur, Bildung, Forschung usw.). Im Gegenzug könnte man die Steuern senken – sowohl für den unternehmerischen Mittelstand als auch für die Arbeitnehmer.

Hinzu kommt, daß durch den nicht umkehrbaren Prozeß der Automatisierung immer mehr Arbeitsplätze in der Industrie freigesetzt werden. Selbst bei Ausländerrückführung wird sich dieses Problem auftürmen. Auf der einen Seite zocken die Aktionäre immer mehr ab, auf der anderen Seite werden Arbeiter entlassen. Für die Arbeitslosen ist dann aber der Staat finanziell zuständig. Das ist doch ein parasitäres System – hinsichtlich der vielen Arbeitslosen. Ich meine hier aber auch die anderen Arbeitslosen, die Aktionäre, die in dieser (!) Rolle arbeitsloses Einkommen in beträchtlicher Höhe beziehen.

Spätestens jetzt müßten unsere nationalen Sozialisten auf die Unterscheidung von schaffendem und raffendem Kapital kommen. Oder haben wir das schon wieder vergessen? Also, wenn schon Industriearbeiter ihren Arbeitsplatz verlieren, dann sollten dem Staat die Gewinne zustehen, um die Arbeitslosen zu versorgen bzw. Beschäftigung für diese zu schaffen (Kleinselbständigkeit, Pflegeberufe, Handwerk, Landwirtschaft, Dienstleistung usw.).

Der wichtigste Grund für die Verstaatlichung der Großindustrie ist aber eindeutig der Primat der Politik, der in Anbetracht der derzeitigen Stufenleiter, auf der sich der Kapitalismus befindet, leeres Geschwätz ist. Aber das habe ich ja alles in meiner letzten Kolumne ausgeführt. Es bleibt dabei: Eigentum ist Macht. Wer dem Großkapital die Macht nicht nimmt, wird sein Knecht sein.

_________________
“Wenn ein Volk seit 3000 Jahren verfolgt und geächtet wird, dann muss dass wohl irgend einen Grund haben”.
Henry Kissinger
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Eichenholz



Anmeldungsdatum: 01.07.2006
Beiträge: 203
Wohnort: Großdeutschland

BeitragVerfasst am: So Jul 09, 2006 12:19 am    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
“Eigentum ist Macht”


Diese Aussage ist unstrittig. Gaubst Du aber wirklich, ein Staat, der aufgrund des Eigentums am Produktivkapital besonders mächtig ist, ist gleichzeitig ein guter Staat? Oder ist er nur ein übermächtiger Staat?

Ich will die Argumente nicht alle wiederholen, es spricht aus meiner Sicht nicht viel für den übermächtigen = guten Staat.

Das die Konzentration des Kapitals in der Hand weniger Personen, meinetwegen Kapitalisten, auch nicht zu den gewünschten Resultaten führt, ist auch unstrittig.

Welches Argument spricht aber gegen Stiftungen, welches Argument spricht gegen breiter Beteiligung der Arbeitnehmer bzw. des Volkes?

Bitte nicht immer mit Diffamierungen arbeiten, denn die Fragen und Ideen sind ernstgemeint. Ich bin auch keine 17 mehr und weiß schon wovon ich rede.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:   
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen    www.meidling-forum.at Foren-Übersicht -> KOMMENTARE, FEUILLETONS Alle Zeiten sind GMT + 2 Stunden
Seite 1 von 1

 
Gehe zu:  
Du kannst keine Beiträge in dieses Forum schreiben.
Du kannst auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten.
Du kannst deine Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten.
Du kannst deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du kannst an Umfragen in diesem Forum nicht mitmachen.


Powered by phpBB © 2001, 2005 phpBB Group