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Hurrikan »Katrina« verschärft die Krise des US-Kapitalismus. Unionskanzlerkandidatin Merkel will Energiereserven anzapfen. Super-Preis klettert auf 1,42 Euro

»Der Hurrikan ist für die Volkswirtschaft schlimmer als die Terroranschläge vom 11. September 2001«, warnt die US-amerikanische Consulting-Firma Economy.com nach den schweren Verwüstungen in den US-Südstaaten. Vor vier Jahren konnte ein Zusammenbruch der Weltbörsen nur durch riesige Liquiditätsspritzen der Notenbanken verhindert werden.

Aktuell wurden die im Golf von Mexiko fördernden Ölkonzerne stark getroffen. Nach Angaben der US-Behörden wurden mehr als 700 Förderstätten geschlossen. Eine gebrochene Gas-Pipeline steht in Flammen. Die Produktion ist um mehr als 90 Prozent abgesackt. Von den Bohrinseln vor der Südwestküste der USA kommt normalerweise ein Viertel des gesamten Benzins und Heizöls, das in den Vereinigten Staaten verbraucht wird.

Wie der Shell-Konzern mitteilte, zog der Wirbelsturm direkt über die Öl- und Gasplattformen des Unternehmens. Am stärksten geschädigt wurde offenbar der Chevron-Konzern (»Texaco«), der im Einzugsgebiet des Wirbelsturms »Katrina« knapp 400 Bohrstellen unterhält.

Insgesamt, so der Schweizer Rückversicherungskonzern Swiss Re, hat die Katastrophe einen Versicherungsschaden von insgesamt 20 Milliarden Dollar verursacht – damit ist »Katrina« nach »Andrew« (1992, 22 Milliarden Dollar) der für die USA zweitschlimmste Sturm.

Unmittelbare Auswirkungen spüren weltweit die Verbraucher. Nach Angaben der deutschen Mineralölwirtschaft sind die Preise für Ölprodukte am Mittwoch um 20 Prozent emporgeschnellt und haben am Donnerstag zeitweilig nochmals um 20 Dollar auf rund 840 Dollar je Tonne zugelegt. Die Spritpreise in Deutschland hatten schon vor »Katrina« mit bis zu acht Cent Zuschlag je Liter historische Höchstwerte erreicht. An Markentankstellen kostete Superbenzin am Donnerstag im bundesweiten Durchschnitt 1,42 Euro je Liter, weitere Aufschläge wurden angekündigt.

Vor diesem Hintergrund sprachen sich Unionskanzlerkandidatin Angela Merkel und ihr prospektiver Koalitionspartner Guido Westerwelle (FDP) für einen Zugriff auf die nationalen Ölreserven aus, die nach dem Energieschock 1974 angelegt worden waren. Für die USA hatte dies Präsident George W. Bush bereits am Mittwoch angekündigt.

Doch das dürfte die Konflikte, die sich insbesondere zwischen den Kapitalfraktionen in den USA abzeichnen, nicht dämpfen. Die hinter dem Bush-Lager stehenden Ölmultis wie Chevron sind durch »Katrina« in Mitleidenschaft gezogen. Dies geschieht in einer Situation, wo die US-Industrie ohnedies unter der von jenen Konzernen durchgesetzten Politik leidet. Die Feldzüge der letzten Jahre haben zwar den Zugriff von Uncle Sam auf wichtige Energieressourcen ermöglicht. Doch aufgrund des militärisch unbefriedigenden Verlaufs vor allem im Irak und in Afghanistan sind die Ölpreise in der Folge nicht gefallen, sondern explodiert. Dies trifft die US-Produzenten weit härter als die effizienter arbeitende europäische Konkurrenz. Fazit: Die Bush-Politik hat zwar die Profite der US-Rohstoffmultis erhöht – aber auf Kosten des übrigen US-Kapitals.