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Wie es der Zufall will!

 
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Eberndorfer



Anmeldungsdatum: 10.09.2006
Beiträge: 2267

BeitragVerfasst am: Do Nov 29, 2012 2:05 am    Titel: Wie es der Zufall will! Antworten mit Zitat

Wie es der Zufall will
28.11.2012

BOLZANO/LIECHTENSTEIN (Eigener Bericht) - Die Staatsanwaltschaft im norditalienischen Bolzano wird gegen zwei in Deutschland lebende langjährige Südtirol-Aktivisten Anklage wegen mutmaßlich illegaler Finanzierung separatistischer Umtriebe erheben. Die dazu erforderlichen Ermittlungen sind, heißt es in Bolzano, jetzt erfolgreich abgeschlossen. Wie italienische Medien berichten, sollen die zwei Männer, Funktionäre der in Liechtenstein ansässigen "Laurin-Stiftung", dafür verantwortlich sein, dass die Stiftung Millionensummen ohne die notwendige Genehmigung nach Südtirol leitete - teils an separatistische Vereine. Die beiden Aktivisten standen in den 1980er Jahren schon einmal im Verdacht, Stiftungsgelder unter Vorspiegelung falscher Tatsachen an Separatisten-Vereinigungen geleitet zu haben.

Damals ging es um eine deutsche Stiftung, deren Mittel ebenfalls jahrelang in rechte Sezessionistenmilieus flossen. Berichten zufolge wurden die Südtirol-Aktivisten zufällig zu jener Zeit bei der Laurin-Stiftung aktiv, als die deutsche "Hermann-Niermann-Stiftung" ihre Südtirol-Zahlungen wegen öffentlicher Proteste einstellen musste. Sollten die Angeklagten verurteilt werden, entstünde eine pikante Situation: Überstellt die Bundesrepublik sie nach Italien, dann müssten sie lange Haftstrafen antreten - beide sind dort wegen gemeinsamer Beteiligung an einem Bombenanschlag mit mehreren Todesopfern verurteilt worden, haben sich ihrer Strafe bislang aber durch ihren Aufenthalt in Deutschland entzogen.

Gelder für "Rechtspatrioten"

Die Staatsanwaltschaft im norditalienischen Bolzano hat ihre Ermittlungen gegen vier Funktionäre der in Liechtenstein ansässigen Laurin-Stiftung abgeschlossen und wird nun Anklage erheben. Bei den Stiftungs-Funktionären handelt es sich um zwei deutschsprachige Norditaliener, die den Sitz der Stiftung in Bolzano geleitet haben sollen, und um die in Deutschland lebenden Erhard Hartung (Meerbusch bei Düsseldorf) und Peter Kienesberger (Nürnberg). Ihnen wird vorgeworfen, allein in den Jahren von 2001 bis 2008 gut sechs Millionen Euro ohne die erforderliche Genehmigung nach Südtirol geschleust zu haben. Dabei seien Stiftungsgelder "an die rechtspatriotische Szene" in der Region geflossen. Die Verantwortlichen der Laurin-Stiftung hätten, heißt es, "gegen Banken- und Kreditgesetze verstoßen" und müssten sich nun einem Gerichtsverfahren stellen.[1]

"Volksgruppen"-Förderung

Die politische Bedeutung der Vorwürfe gegen die Stiftung und ihre Funktionäre lässt sich aufgrund offenkundiger personeller und struktureller Parallelen zu einem älteren Fall nicht ohne einen Blick auf diesen abschätzen. Dabei handelt es sich um Vorgänge um die in der Bundesrepublik ansässige Hermann-Niermann-Stiftung, die in den 1980er Jahren einen größeren Medienskandal und darüber hinaus behördliche Untersuchungen nach sich zogen. Die Düsseldorfer Niermann-Stiftung hat zum Ziel, Sprachminderheiten ("Volksgruppen") zu unterstützen; sie stärkt vor allem deutschsprachige Minderheiten in Ost- und Südosteuropa. Mitte der 1980er Jahre enthüllten Recherchen, dass sie im Rahmen ihrer "Deutschtums"-Aktivitäten auch Mittel an deutschnational gesinnte Kreise innerhalb der Deutschsprachigen Gemeinschaft Ostbelgiens vergab, was dort unter demokratischen Kräften - auch in Erinnerung an die NS-Okkupation sowie ihre subversive Vorbereitung per "Deutschtums"-Förderung [2] - Proteste hervorrief. 1987 setzten die Aufsichtsbehörden einen Sachwalter über die Stiftung ein, der diverse Unregelmäßigkeiten aufklären sollte; danach wurde ihr Vorstand erneuert: Den Vorsitz übernahm - ausdrücklich in seiner privaten Freizeit - ein erfahrener Ministerialbeamter aus dem Bundesinnenministerium, der an seinem beruflichen Arbeitsplatz für die Unterstützung "deutscher Volksgruppen" im Ausland zuständig war und auch im Rahmen seiner Stiftungstätigkeit bis heute mit Erfolg für die korrekte Abwicklung aller Zahlungen sorgt.[3]

Separatisten-Netzwerke

Zu den Unregelmäßigkeiten, die der Sachwalter 1987 aufzuklären hatte, gehörten auch Geldflüsse von Konten der Hermann-Niermann-Stiftung, deren Kuratorium ab Mitte der 1980er Jahre der Aktivist Erhard Hartung angehörte, nach Südtirol. Offiziell vergab die Niermann-Stiftung Geld an kulturell tätige Vereinigungen sowie an bedürftige Bergbauern. Dabei finanzierte sie zum Beispiel den "Südtiroler Heimatbund", der 1974 von verurteilten Aktivisten der separatistischen Südtiroler Attentäter-Szene gegründet worden war - bei den Attentaten hatte es sich um bewaffnete Angriffe auf italienische Sicherheitskräfte und um Sprengstoffanschläge überwiegend in den 1960er Jahren gehandelt. Stiftungs-Zahlungen gingen auch an den "Buchdienst Südtirol" von Peter Kienesberger, zum Teil bar "in Form von Raten" für "eine nicht näher definierte Leistung", wie ein ostbelgischer Parlamentsausschuss 1997 urteilte. Der ostbelgische Parlamentsausschuss untersuchte zudem, wie die Unterstützung bedürftiger Bergbauern abgewickelt wurde. Demnach sei das Geld meist in bar übermittelt worden, zum Beispiel über Kienesbergers Ehefrau Elke; dabei seien nicht alle Beträge vollständig weitergeleitet, Teilsummen in unbekannter Höhe vermutlich auch von den Bergbauern rückgespendet worden. Der Parlamentsausschuss wies in seinem hunderte Seiten starken Bericht, der german-foreign-policy.com vorliegt, darauf hin, dass auch ein Sonderdruck der extrem rechten österreichischen Zeitschrift "Die Aula" von der Hermann-Niermann-Stiftung bezahlt worden war. Chefredakteur der "Aula" war zur fraglichen Zeit ein Südtirol-Aktivist der 1960er Jahre.

Spezialität: Kampfeinsatz im Hochgebirge

"Wie es der Zufall will", schrieb Ende 2010 die in Südtirol erscheinende Zeitschrift "ff", sei gerade zu jener Zeit, als die Niermann-Stiftung unter erheblichen Druck geriet und ihre Bergbauern-Hilfe einstellen musste, Otto Scrinzi "in die Laurin-Stiftung berufen" worden.[4] Scrinzi hatte während der 1960er Jahre als Südtirol-Sprecher der FPÖ fungiert, besaß aus dieser Zeit enge Verbindungen zu den damaligen Südtirol-Aktivisten, und er habe, das berichtet "ff", schon bald Kienesberger und Hartung in das Kuratorium der Laurin-Stiftung geholt. Die beiden letzteren kannten sich nicht erst, seit Hartung Mitte der 1980er Jahre im Kuratorium der Niermann-Stiftung saß und Kienesberger Stiftungsgelder bezog; sie waren schon in den 1960er Jahren gemeinsam in der Szene der Südtirol-Attentäter aktiv und wurden für einen Anschlag vom Juni 1967, durch den vier italienische Grenzer zu Tode kamen, von der italienischen Justiz zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Hartung streitet seine Mittäterschaft bis heute ab und gibt an, nur als "Sanitäter" in der Attentäter-Szene gewirkt zu haben. Über Kienesberger berichtet der Südtiroler Publizist Hans Karl Peterlini, er habe sich schon Anfang der 1960er Jahre "zum Synonym für den entfesselten Terror" entwickelt: "Seine Spezialität" sei "der Kampfeinsatz im Hochgebirge" gewesen. Bald habe er sich zudem zum Bomben-Experten gemausert und "als Könner im Basteln von Sprengfallen" gegolten.[5]

Freistaats-Befürworter

Hartung und Kienesberger, die bis heute der "Kameradschaft der ehemaligen Südtiroler Freiheitskämpfer" verbunden sind, tragen in ihren Ämtern in der 1966 gegründeten Laurin-Stiftung Verantwortung über die Vergabe von Millionensummen. Das Stiftungsvermögen beläuft sich auf 41 Millionen Euro; den "ff"-Recherchen zufolge wurden allein 2007 gut 1,1 Millionen Euro vergeben. Schon in den 1990er Jahren waren Stiftungsmittel Aktivisten der Partei "Die Freiheitlichen" zugute gekommen, der separatistischen Schwesterpartei der FPÖ, die heute einen Freistaat Südtirol fordert - als Zwischenstufe zum Anschluss an Österreich (german-foreign-policy.com berichtete [6]). "Die Freiheitlichen" räumen zudem ein, von der Stiftung eine Bürgschaft über einen Kredit in Höhe von 260.000 Euro erhalten zu haben. Der Obmann des Südtiroler Heimatbundes gab gegenüber "ff" zu, seine Vereinigung habe "von einem Bekannten, der mit der Stiftung möglicherweise zu tun hat, schon öfters Spenden bekommen". Die Südtiroler Tageszeitung "Dolomiten" berichtete im Oktober 2011, es gebe Anlass zu vermuten, dass auch die Bergbauern-Hilfe der Laurin-Stiftung nicht selten in bar abgewickelt und nicht in vollem Umfang "als Hilfe für Bedürftige eingesetzt worden" sei.[7] Die Stiftung hüllt sich bislang in Schweigen; Beweise muss nun die Staatsanwaltschaft in Bolzano liefern.

Mit Erfolg verweigert

Dabei kann sie offenbar nicht mehr auf die Unterstützung der deutschen und der österreichischen Behörden hoffen. Im vergangenen Jahr hatte die deutsche Justiz noch eine Hausdurchsuchung bei Kienesberger in Nürnberg anberaumt. Mittlerweile erklärt das zuständige Oberlandesgericht, dies sei unrechtmäßig geschehen. Die Behörden in Liechtenstein und in Österreich weisen italienische Rechtshilfeersuchen zurück. Damit halten Berlin und Wien an der Praxis fest, Südtirol-Attentäter, die in Italien verurteilt wurden, nicht an die dortige Justiz auszuliefern: Würden die Behörden der Bundesrepublik zu dem italienischen Verfahren beitragen, könnten sie sich einer Überstellung von Hartung und Kienesberger später schwerlich verweigern. In zahlreichen weiteren Fällen führte die bundesdeutsche Verweigerungshaltung inzwischen zum Erfolg: Rom hat, der Auseinandersetzung mit Berlin nicht mehr gewachsen, Dutzende verurteilte Südtirol-Attentäter mittlerweile amnestiert.

[1] Vier Exponenten der Laurin-Stiftung angeklagt; www.suedtirolnews.it 23.11.2012
[2] s. dazu Bruno Kartheuser: Die 30er Jahre in Eupen-Malmedy
[3] s. dazu Fliehkräfte und Baldiger Anschluss
[4] Dubioses Geld für "Patrioten"; www.stol.it 11.12.2010
[5] Hans Karl Peterlini: Feuernacht. Südtirols Bombenjahre, Bozen 2011. S. dazu Doppelrezension: Südtirol-Terrorismus
[56 s. dazu Krisenprofiteure
[7] Laurin-Stiftung: Auch zwei Südtiroler im Ermittlungsregister; www.stol.it 26.10.2011

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