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Der nicht endende Irak-Krieg: Am Anfang stand die Lüge

 
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admin



Anmeldungsdatum: 22.07.2004
Beiträge: 2346

BeitragVerfasst am: Di Aug 24, 2010 4:11 pm    Titel: Der nicht endende Irak-Krieg: Am Anfang stand die Lüge Antworten mit Zitat

»USA beenden Kriegseinsatz im Irak«, springt die Titelseite der SZ dem Betrachter ins Auge. Im Bildtext findet die frohe Botschaft noch ihre Ergänzung: »Im Irak verbleiben nun noch etwa 50.000 US-Soldaten, die jedoch vor allem die irakische Armee ausbilden und beraten, nicht mehr selbst kämpfen sollen.« Diese Aussagen sind es wert, überprüft zu werden.

Im Wahlkampf hatte Barack Obama versprochen, jeden Monat eine Brigade abzuziehen und somit den unpopulären Krieg im Irak binnen 16 Monaten zu beenden.

Ende Februar 2010 verkündete er als US-Präsident bei seiner Ankunft auf dem Militärstützpunkt Camp Lejeune vor Soldaten und Offizieren: »Lasst es mich so klar sagen, wie ich kann: Mit dem 31. August 2010 wird unser Kampfauftrag im Irak enden.« Mit dem Abzug der Kampftruppen in den kommenden 18 Monaten trete der Irak-Einsatz in eine neue Phase über. Das verbleibende Kontingent solle sich dabei auf drei Aufgaben konzentrieren: Sie sollen den Aufbau der irakischen Streitkräfte unterstützen, die zivilen und militärischen Anstrengungen der USA im Irak schützen und »gezielte Antiterrormissionen« ausführen. Wie können militärische Operationen in Kampfauftrag und gezielte »Spezialeinsätze gegen Terroristen« unterteilt werden? In beiden Fällen sind Soldaten an den Operationen beteiligt, in beiden Fällen wird militärisches Gerät eingesetzt und in beiden Fällen werden Menschen getötet. Und in beiden Fällen wurde und wird das humanitäre Völkerrecht ausgehebelt. Die Differenzierung entlarvt sich somit als blanker Zynismus!

Die Pläne Obamas waren bereits im Vorfeld auf scharfe Kritik in den eigenen Reihen gestoßen. Führende demokratische Abgeordnete monieren, dass die Zahl bis zu 50.000 vorerst im Irak verbleibender US-Soldaten zu hoch sei. Nancy Pelosi, die Präsidentin des Repräsentantenhauses, kritisierte die hohe Zahl der nach August 2010 im Irak verbleibenden US-Soldaten. »Ich weiß nicht, was die Rechtfertigung für 50.000 Soldaten im Irak ist«, sagte die Demokratin dem Sender MSNBC. »Ich denke, ein Drittel davon würde reichen.«

Der amtierende US-Präsident und Friedensnobelpreisträger verkündete am 2. August 2010 vor den Veteranen in Atlanta das Ende des amerikanischen Kampfeinsatzes im Irak zum 31. August. »Als Präsidentschaftskandidat habe ich versichert, den Krieg im Irak auf verantwortliche Weise zu beenden.« Nun sei es soweit. In der Begründung verstieg sich Obama zur Aussage: »Die Gewalt im Irak ist auf dem niedrigsten Niveau seit Jahren.« Während die irakische Regierung vom Juli 2010 als blutigsten Monat seit zwei Jahren spricht und 535 Tote beklagt, reduziert das Weiße Haus die Opfer auf nur 222.

Pünktlich vor den Kongresswahlen im November will Obama vermutlich zeigen, dass er die Macht hat, den unliebsamen Krieg im Irak zu beenden und scheint damit den Nerv der Bevölkerung zu treffen: 55 Prozent der befragten Amerikaner seien der Meinung, der Krieg habe sich nicht gelohnt. Ähnliche Umfrageergebnisse dürften nach den zuletzt von der Internetplattform Wikileaks enthüllten Geheimdokumente über Afghanistan zu erwarten sein. Doch von einem Ende der dortigen Mission mochte Obama in Atlanta nicht reden, sprach aber immerhin von »Fortschritten« trotz »gewaltiger Herausforderungen«.

Ein Sprecher des Weißen Hauses fügte hinzu, es sei wichtig, »sich auf den echten Erfolg zu konzentrieren, den die Iraker beim Aufbau der Demokratie haben«. Dass sich kurdische, schiitische und sunnitische Gruppierungen im Lande seit der Parlamentswahl vor fünf Monaten bislang nicht auf eine Regierung einigen konnten, wurde dabei ausgeblendet.

Zwölf Tage vor dem angekündigten Abzugstermin überschritt in der Nacht auf den 19. August 2010 eine mit Stryker-Radpanzern ausgerüstete Brigade der 2. Infanteriedivision die Grenze nach Kuwait. Während damit die »Operation Irakische Freiheit« endete, wurde die »Operation Neue Morgendämmerung« eingeläutet. Der Sprecher des US-Außenministeriums, Philip Crowley, bezeichnete den Abzug als »historischen Moment«. Das langfristige US-Engagement im Irak ende damit jedoch nicht. »Wir beenden den Krieg [...], aber wir beenden nicht unsere Arbeit im Irak«, betonte Crowley. Dafür wird wohl die Anzahl der Söldner verdoppelt werden müssen. Die Sicherheitsleute sollen die Lücken füllen, die durch den stufenweisen Abzug der US-Truppen aus dem Irak entstehen. Darüber ließ sich US-Außenministeriumssprecher Crowley jedoch nicht aus.

Für den Kongressabgeordneten Dennis Kucinich (D-OH) würde nur der Gesamtabzug der US-Truppen ein Ende der Kampfhandlungen bedeuten und er fragt: »Wer ist heute für unsere Operationen im Irak verantwortlich? George Orwell?« Dieser Krieg basierte auf Lügen und beruht auch weiter auf Lügen.

An dieser Stelle muss an ein Wortlautinterview der Süddeutschen Zeitung vom 12.August 2006 mit dem eben pensionierten langjährigen deutschen UN-Botschafter Gunter Pleuger erinnert werden. Auf die Frage »Gab es während der Irak-Krise einen Moment im Sicherheitsrat, den Sie nie vergessen werden?«, antwortete Pleuger: »Ja, der 5. Februar 2003, als US-Außenminister Colin Powell mit einer Diashow belegen wollte, dass der Irak Massenvernichtungswaffen besaß. Es war gespenstisch. Jeder im Saal wusste, dass seine Fakten falsch waren.« Weitere zwei Jahre später warf Pleuger den USA ein beispielloses Falschspiel bei der Vorbereitung des Krieges vor. Die USA hätten den Angriff auf den Irak lange vor den entscheidenden UNO-Sitzungen im Februar und März 2003 beschlossen, »wahrscheinlich schon im Sommer 2001«.

Auf Basis dieses »Beweises« [für die Existenz irakischer Massenvernichtungswaffen] in Powerpoint-/Diashowformat wurde der Irak-Krieg gestartet. Bis heute Hunderttausende von Toten und Millionen von Flüchtlingen. Wenn »jeder im Saal wusste«, dass Powell lügt, wussten es Hunderte von Diplomaten und Politikern und sehr schnell somit auch alle Nachrichtenagenturen. Dennoch schafften es erst Monate bzw. Jahre später erste Zweifel an dieser Darstellung von Powell in die Weltpresse, als der Irak-Krieg längst geführt und der Regimewechsel vollzogen war. Und trotz dieser Erkenntnisse schreibt die SZ am 20. August 2010 auf der Titelseite: »Die von Anfang an umstrittene Begründung des Krieges durch die Bush-Regierung, der einstige Diktator Saddam Hussein bedrohe die Welt mit Massenvernichtungswaffen, erwies sich als falsch.« Soll hier noch im Nachhinein dieses menschenverachtende Falschspiel nur als Irrtum dargestellt werden? Hatte sich hier nicht eher das Weiße Haus gegen den Weltfrieden verschworen?

Heute haben wir einen Krieg, der nicht Krieg genannt wird. Ein Krieg mit Kampftruppen, die nicht als Kampftruppen bezeichnet werden. Im Mai 2003 sagte Präsident Bush: »Mission erfüllt«, und im August 2010 verkündet Obama, die »Kampfhandlungen im Irak« seien beendet. Von den 50.000 US-Soldaten, so ist Kucinich überzeugt, werden noch viele für zwangsläufig mit Kampf zusammenhängende Tätigkeiten eingesetzt werden. Auch widerspricht Kucinich der Einschätzung des Präsidenten über die Lage im Irak und zitiert eine Aussage des irakischen Generals Babaker Shawkat Zebari vom 12. August 2010: »Die irakischen Sicherheitskräfte sind nicht trainiert und in den nächsten zehn Jahren auch nicht in der Lage, für die Sicherheit im Land zu sorgen.«

In der widersprüchlichen Darstellung des Weißen Hauses will Kucinich nur eine neue Etappe in der Kampagne zur Beruhigung des amerikanischen Volkes erkennen. Ehrliche Antworten würden dem amerikanischen Volk vorenthalten. Das wäre nicht fair gegenüber den Soldaten, ihren Familien oder dem amerikanischen Volk.

Obendrein würden sich die Kosten pro eingesetztem Soldat auf ca. eine Million US-Dollar pro Jahr belaufen. Auch diese Ausgaben seien angesichts der katastrophalen Finanzlage nicht mehr hinnehmbar.

Doch trotz aller Schwierigkeiten scheinen die USA an ihren globalen Plänen und der per Gesetz verankerten Seidenstraßenstrategie festzuhalten. Die Stützpunkte im zentralen US-Militärkommando CENTCOM – vom kaspischen Raum bis zum Horn von Afrika – werden weiter ausgebaut. Dazu entstehen im Westen und Osten Eurasiens die modernsten Einsatz- und Kampfführungszentren.

Völlig unspektakulär war in der US-Armeezeitung Stars & Stripes am 20. Oktober 2009 vom Umzug des Hauptquartiers der US Army/Europa (USAREUR) von Heidelberg nach Wiesbaden zu lesen. Auf dem dortigen US-Airfield Erbenheim soll bis 2013 das neue Europa-Hauptquartier der US Army entstehen. 68 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und nach elf US-Präsidenten seit Harry Truman (1945–1953) sollen von einem amphitheaterähnlichen Einsatz- und Kampfführungszentrum aus die militärischen Geschicke Europas gesteuert werden. Das 84 Millionen teure dreistöckige Zentrum wird auf ca. 26.500 Quadratmetern mit den neusten Kommunikations- und Planungsgeräten ausgestattet und zur modernsten US-Militäreinrichtung in Europa ausgebaut. Den Grund für den Neubau erläuterte der Operationschef der USAREUR, Brigadegeneral David G. Perkins: »Bisher ist das Hauptquartier der USAREUR weder dazu ausgelegt, noch technisch oder personell so ausgestattet, dass es als Kriegsführungshauptquartier dienen könnte.« Welche neuen Kriege sollen von hier aus ab 2013 geführt werden? Das östliche Pendant dazu entsteht in Ginowan auf der Insel Okinawa und soll ebenfalls 2013 fertiggestellt werden. Im Gegensatz zu den Bundesbürgern haben die Japaner anlässlich des Obama-Besuchs öffentlich wirksam gegen den weiteren Ausbau protestiert und sogar die Schließung der in der Nähe ihrer Stadt gelegenen amerikanischen Marine-Corps-Futenma-Air-Base verlangt.

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