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Türken vor Wien

 
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admin



Anmeldungsdatum: 22.07.2004
Beiträge: 2346

BeitragVerfasst am: Di Okt 04, 2005 12:01 am    Titel: Türken vor Wien Antworten mit Zitat

Nach tagelangem Pokern beendet Österreich Blockade der EU-Beitrittsverhandlungen mit Ankara. USA schalten sich ein

Für Montag, 17 Uhr, hatten die EU-Außenminister in Luxemburg die Zeremonie für den Beginn der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei in Anwesenheit des türkischen Außenministers Abdullah Gül anberaumt. Aus dem Termin wurde nichts. Österreich hatte sich am Wochenende quergelegt und weigerte sich, das Verhandlungsmandat so wie von den Regierungschefs im vergangenen Jahr beschlossen zu verabschieden. Es drohte ein Eklat in den Dimensionen des Nein der Franzosen und der Niederländer zum EU-Verfassungsvertrag vom Frühsommer. Was aber nicht mit Tinte und Papier, Händeschütteln, Familienfoto und Grinsen in Kameras gelang, klappte immerhin auf elektronischem Weg. Um 17 Uhr hätte über Luxemburg die türkische Flagge aufgezogen werden können: Die EU zog die Türkei den Wienern vor.

Österreich erhielt im Gegenzug in bester habsburgischer Tradition ein saftiges Geschenk: Das katholische Kroatien, traditionelles Bollwerk gegen serbische Orthodoxie und balkanischen Islam, erhielt einen Gnadenerweis und darf sich ab sofort ebenfalls wieder zu den aussichtsreichen EU-Kandidaten zählen. Entscheidend allerdings dürfte die Unterstützung Ankaras durch die USA gewesen sein. Gegen 13.30 Uhr, als das Scheitern der Verhandlungen scheinbar feststand, zog der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan die US-Karte und machte öffentlich bekannt, daß er die Außenministerin der Supermacht, Condoleezza Rice, gebeten habe, in dem Konflikt zu intervenieren. Was die auch umgehend tat. Ihr Präsident hatte in der Vergangenheit mehrfach das lebhafte Interesse der USA an einem Beitritt der Türkei zur EU bekundet. Seine Befürwortung entspringt nach Auffassung zahlreicher Beobachter demselben Kalkül, aus dem z. B. Frankreich den Beitritt ablehnt: Die aus ihm resultierende Schwächung der EU.

Dieser 3. Oktober 2005 war 15 Jahre nach der rechtlichen Ratifikation des DDR-Anschlusses an die Bundesrepublik ein Lehrstück über Macht, Interessen und Einfluß in einer unipolar gewordenen Welt. Die Debatten hinter verschlossenen Türen dürften bruchstückweise in den nächsten Tagen, im wesentlichen erst durch Historiker in ferner Zukunft bekannt werden, allein der zeitliche Ablauf war aber vielsagend: Kurz vor 16.30 Uhr meldeten die Nachrichtenagenturen, daß UN-Chefanklägerin Carla del Ponte, die sich zufällig ebenfalls in Luxemburg aufhielt, Kroatien die uneingeschränkte Zusammenarbeit mit dem Haager Tribunal für Kriegsverbrechen im früheren Jugoslawien bescheinigt habe. Das war vor wenigen Tagen noch nicht der Fall.

Durch die Erklärung del Pontes war die wichtigste Hürde genommen, die von der EU für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Kroatien errichtet worden war. Prompt lieferten die Agenturen eine Viertelstunde später die Eilmeldungen, daß Österreich seine Blockade gegen die Türkei aufgegeben habe und die EU sich auf ein gemeinsames Verhandlungsmandat einigen konnte. Etwas voreilig verkündeten türkische Medien gegen 17 Uhr, die türkische Regierung akzeptiere das Verhandlungsangebot. Von dort hieß es, das sei nicht richtig, man lehne das Angebot aber auch nicht ab.

Die USA haben jedenfalls ihren Partner in Kleinasien auf das Gleis Richtung EU geschoben und dürften in den kommenden Jahren dafür sorgen, daß er in der Spur bleibt.
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