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In das Tauziehen um den Bau einer Ölpipeline von Nowosibirsk nach Daqing ist Bewegung gekommen

Im jahrelangen Tauziehen um Rußlands geplante Ölpipeline nach Fernost schlägt das Pendel derzeit mal wieder in Richtung China aus. Das lassen zumindest Äußerungen des chinesischen Premiers Wen Jiabao vermuten, der sich in Peking auf einer Pessekonferenz zum Abschluß des Nationalen Volkskongresses äußerte. Rußlands Präsident Putin, so Wen, habe versprochen, daß China beim Pipelinebau an erster Stelle berücksichtigt werde. Die strittige Frage ist, ob die von den westsibirischen Ölfeldern aus der Nähe von Nowosibirsk kommende Pipeline östlich der Mongolei in Richtung Süden abbiegt, um die Raffinerien im nordostchinesischen Daqing zu versorgen, oder aber weiter nach Osten verläuft. Letzteres ist die von Japan favorisierte Variante, die um etwa das Dreifache teurer ist und zum Hafen Nachodka führen würde. Von dort könnte das Schmiermittel der Weltwirtschaft nicht nur nach Japan, sondern auch in viele andere Länder exportiert werden.

Die chinesische Regierung hat anläßlich des Volkskongresses dazu aufgerufen, vom »schwarzen Wachstum« zum »grünen Wachstum« überzugehen, das heißt, erneuerbare Energien zu fördern und Maßnahmen zur Erhöhung der Energieeffizienz zu ergreifen. Dennoch wird mit einem rasch wachsenden Bedarf an Erdöl gerechnet. Peking versucht daher in einer Vielzahl von Ländern, die chinesische Versorgung von der instabilen Golfregion unabhängiger zu machen und durch langfristige Verträge abzusichern. In diesem Zusammenhang hatte der staatliche Ölkonzern CNPC dem russischen Konzern Rosneft mit einem Sechs-Milliarden-Kredit unter die Arme gegriffen, damit dieser Juganskneftegas aus der Konkursmasse des Jukos-Konzerns übernehmen konnte. Die Schulden sollen in den nächsten Jahren mit Erdöllieferungen abbezahlt werden, die derzeit allerdings noch über Eisenbahnwaggons erfolgt.

Die Internationale Energieagentur in Paris rechnet damit, daß Rußlands Rohölförderung in diesem Jahr um nur noch 3, 8 Prozent auf dann 9,6 Millionen Barrel pro Tag zunehmen wird. 2004 war die Förderung noch um neun Prozent, im Vorjahr gar um elf Prozent gestiegen. Damit geht auch eine leichte Verlangsamung des russischen Wachstums einher. Im vergangenen Jahr war die Wirtschaftsleistung zwischen St. Petersburg und Wladiwostok um 7,1 Prozent gestiegen, für dieses Jahr rechnet Rußlands stellvertretender Wirtschaftsminister Andrej Scharanow nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg nur noch mit 6,3 ProzentSeit 1999 hat Rußland, angetrieben durch die starke internationale Nachfrage und den hohen Rohölpreis, seine Förderung um 50 Prozent gesteigert und gleichzeitig dafür gesorgt, daß die öffentliche Hand nicht zu kurz kommt. »Mit den neuen Steuergesetzen, die letztes Jahr eingeführt wurden, streicht die Regierung praktisch 90 Prozent des Ölpreises über 25 Dollar pro Barrel ein«, beschwerte sich kürzlich Robert Dudley, seines Zeichens Chef der russischen BP-Tochter.

Entnommen "Junge Welt"