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Bush, wie Dolfi: 'historisches Verantwortungsgefühl'

 
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Otto Tomasch



Anmeldungsdatum: 25.03.2006
Beiträge: 40
Wohnort: Vancouver, BC, Canada

BeitragVerfasst am: Do Sep 27, 2007 9:28 pm    Titel: Bush, wie Dolfi: 'historisches Verantwortungsgefühl' Antworten mit Zitat

Mit einem "historischen Verantwortungsgefühl" in den Irak-Krieg
Florian Rötzer 27.09.2007

Mitte Februar 2003 sprachen US-Präsident Bush und der damalige spanische Regierungschef ihr Vorgehen in Sachen Saddam Hussein ab – El Pais hat ein Protokoll des Gesprächs veröffentlicht.

Jeder, der die Politik der US-Regierung nach dem 11.9. verfolgt, wusste, dass hier der Entschluss gefallen ist, die Gunst der Stunde zu nutzen, um das Regime von Saddam Hussein zu stürzen und mit einem befreundeten ölreichen Irak ein wichtiges Pfand für die angestrebte Energiesicherheit zu haben (Re: Bush gegen Hussein, II. Akt?).

Man baute eine Koalition der Willigen auf und fabrizierte Gründe wie die Existenz von Massenvernichtungswaffen und die Kooperation mit al-Qaida, um zumindest eine Scheinlegitimation zu erhalten ( Hinter der Theaterbühne). Ähnlich spielte man Theater mit den UN-Resolutionen und den Waffeninspekteuren, aber auch mit der Weltöffentlichkeit, indem man vorgab, dass ein Krieg bei einem Einlenken Husseins noch vermeidbar sein könnte.

Die diplomatische Farce, die auch viele Politiker und Regierungschefs anderer Länder wissentlich mitspielten und damit Vertrauen in die Politik, vor allem auch in die Vereinten Nationen, verspielten, macht nun eine Mitschrift eines Gesprächs zwischen US-Präsident Bush und dem damaligen spanischen Regierungschef Aznar, neben Blair und Berlusconi der wichtigste Kriegskoalitionspartner (Re: Achse Madrid, Rom und London), noch einmal deutlich. El Pais hat das Dokument des Gesprächs, das am 22. Februar 2003 auf der Ranch von Bush stattfand, veröffentlicht. Unter anderem war auch die damalige Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice mit dabei, mit Blair und Berlusconi wurde zum Abstimmen noch telefoniert:

"Das irakische Regime besitzt Massenvernichtungsmittel. Sie können alle sicher sein, dass ich die Wahrheit sage."

Der spanische Regierungschef Aznar am 13. Februar 2003:

"El régimen iraquí tiene armas de destrucción masiva. Pueden estar seguros todos de que estoy diciendo la verdad"

Noch war die zweite Resolution nicht durch den Sicherheitsrat gebracht, klar war schon, dass die UN-Waffeninspektoren keine Belege für ein Programm zur Herstellung von Massenvernichtungswaffen gefunden haben (Re: Sternstunde der UNO), und an die Existenz einer Verbindung zwischen dem Hussein-Regime und al-Qaida glaubte sowieso niemand.

Während Bush noch eifrig versicherte, dass Hussein noch einlenken könne, um einen Krieg zu vermeiden, auch wenn man ihm nicht glauben dürfe, hatte er schon seit geraumer Zeit den Druck auf die Vereinten Nationen und die Mitglieder in Sicherheitsrat angezogen. Um glaubwürdig zu sein, müsste nun gehandelt werden, sonst wäre die UN ein zahnloser Tiger und müssten die USA zusammen mit der Koalition der Willigen durch den Einmarsch in den Irak den lügnerischen Bösen, der so lange gewarnt wurde, bestrafen.

Bush wollte damals bekanntlich die Vereinten Nationen instrumentalisieren oder am liebsten so weit schwächen, dass der globale militärische, politische und moralische Führungsanspruch der USA deutlich wird. Immer wieder verbreitete er daher trotz fehlender Beweise und vielen Widerlegungen die fabrizierten Gewissheiten, wie beispielsweise auf einer Rede am 13. Februar 2003 vor Navy-Soldaten. Man muss sich noch einmal vergegenwärtigen, was Bush ganz unverblümt in der Öffentlichkeit sagte:

"The civilized world has awakened to the growing danger posed by the Iraqi regime. Twelve years ago, Saddam Hussein agreed to disarm as a condition of suspending the Gulf War. Three months ago, the United Nations Security Council gave him a final chance to meet that obligation. Saddam Hussein is not disarming, he's deceiving.

America has laid out the facts for the world to see. Saddam Hussein has chemical weapons programs, and the means to use them. Saddam Hussein has a biological weapons program, and the means to deliver those weapons. He has secretly attempted to obtain materials needed to produce nuclear weapons. Saddam Hussein aids and protects terrorists, including members of al Qaeda. He harbors a senior al Qaeda leader who ordered the assassination of an American diplomat -- the same man who plotted against Spain and Italy in the Republic of Georgia, and Russia, and Great Britain, and France, and Germany. The Iraqi regime is engaged in a massive campaign to conceal its weapons of mass destruction, and its ties to terrorists. And that deception continues today.

At any moment during the last 97 days -- and during the last 12 years -- Saddam Hussein could have completely and immediately disarmed himself. Instead, he's used all this time to build and to hide weapons. He must be hoping that by stalling he'll buy himself another 12 years. He's wrong. (Applause.) This country will not accept a serious and mounting threat to our nation, our people, and our friends and allies. (Applause.)

Military force is always this nation's last option. Yet if force becomes necessary to disarm Iraq and enforce the will of the United Nations, if force becomes necessary to secure our country and to keep the peace, America will act deliberately, America will act decisively, and America will act victoriously with the world's greatest military. (Applause.)

America will also be acting with friends and allies. An overwhelming majority of NATO members oppose the threat of Iraq, and understand that tough choices may be necessary to keep the peace. Many nations have offered to provide forces or other support to disarm the Iraqi regime. Every nation of the Gulf Cooperation Council has agreed to help defend and protect Kuwait. And now the world's most important multilateral body faces a decision.

The decision is this for the United Nations: When you say something does it mean anything? You've got to decide, if you lay down a resolution, does it mean anything? The United Nations Security Council can now decide whether or not it has the resolve to enforce it's resolutions."

Die öffentlichen Äußerungen sind bekannt, interessant ist daher, was hinter der Bühne an Absprachen vorgegangen ist. Die Mitschrift des Gesprächs mit Aznar bietet hier einige Einblicke in die Gedankenwelten von Machtpolitikern (auch wenn im Hinblick auf Bush Zweifel bestehen, ob er vielleicht doch an seinen moralischen Auftrag glaubte). Als Ergebnis des Gesprächs mit Aznar kündigte er eine neue Resolution des Sicherheitsrates an, die schlicht den Inhalt haben sollte, dass Hussein die Forderungen der Resolution 1441 aus dem Jahr 2002 nicht erfüllt hat. Bush kündigte an, dass man nicht in ihr von Gewaltandrohung sprechen werde und sie nichts Verpflichtendes enthalten solle, um sie schmackhafter zu machen. Mitte März wollte Bush auf jeden Fall in Bagdad sein. Wenn es im Sicherheitsrat ein Veto gebe, marschiere man ein. In vierzehn Tagen seien die Truppen bereit zum Angriff.

Der spanische Ministerpräsident Jose Maria Aznar und US-Präsident George Bush sehen sich auf der Bühne der Geschichte und schütteln sich am 22. Februar 2003, einen Monat vor dem Irak-Krieg, siegesgewiss auf der Ranch von Bush die Hände.

Sie kam nicht zustande. Bush war sie, vor allem ihre Formulierung, auch gar nicht wichtig, wie er Aznar sagte. Der wünschte freilich, nachdem die Mehrheit der Spanier gegen den Irak-Krieg war und wenige Tage zuvor mächtige Antikriegs-Demonstrationen stattgefunden hatten (Mehrere Millionen Menschen demonstrieren in Spanien gegen den Krieg), Hilfe bei der Beeinflussung "unserer öffentlichen Meinung", wozu für ihn die Resolution als Rechtfertigung wichtig war. Und er bat auch darum, dass man doch die Koalition der Kriegswilligen noch vermehren sollte, dafür versprach er mit Blair bei den anderen europäischen Regierung zu werben. Bush war da aber ganz klar und wies die Bitte um Geduld zurück:

"Meine Geduld ist am Ende. Länger als bis Ende März werde ich nicht warten."

Bush machte auch deutlich, dass er andere Mitglieder des Sicherheitsrates unter Druck setzen würde. Méxiko, Chile, Angola und Kamerun würden schon wissen, was die Folge wäre, wenn sie mitziehen. Auch Putin wisse, dass er mit einem Veto die Beziehungen mit den USA gefährde. Mit Blair spiele er im Sicherheitsrat den guten und bösen Polizisten. Offenbar fanden auch Verhandlungen mit Hussein statt, abzutreten und aus dem Land zu gehen. Das könne mit einer 15prozentigen Wahrscheinlichkeit geschehen, meinte Bush. Ägypten habe er gesagt, er würde das Land verlassen, wenn man ihm eine Milliarde Dollar gebe. Und Mubarak habe hinzugefügt, dass es dann zahlreiche Möglichkeiten gebe, ihn zu töten. Man werde ihm jedenfalls für ein Exil keine Garantien geben, müsse aber, wie man von Libyen wissen, den Druck aufrechterhalten, weil Hussein weiterhin glaube, einen Einmarsch doch noch verhindern zu können. Bush meinte zudem, dass es auch für ihn die beste Lösung sei, wenn Saddam geht:

"Für mich wäre das die perfekte Lösung. Ich mag den Krieg nicht. Ich weiß, wie Kriege sind. Ich kenne die Zerstörung und den Tod, den sie mit sich bringen. Ich muss dann die Mütter und Witwen wegen der Toten trösten. Daher wäre es für uns die beste Lösung. Überdies würden wir 50 Milliarden Dollar sparen."

Bush glaubte offenbar tatsächlich, dass der Krieg kurz und billig werden würde. Aznar und Bush waren beide von ihrer historischen Mission und Bedeutung überzeugt. Für Aznar war die Koalition mit den USA die "größte Veränderung" Spaniens seit 200 Jahren. Bush brüstete sich daraufhin, dass auch er von einem "historischen Verantwortungsgefühl" geleitet sei:

"Mich leitet dasselbe historische Verantwortungsgefühl wie dich. Wenn in einigen Jahren die Geschichte uns beurteilt, will ich nicht, dass die Menschen sich fragen, warum Bush, Aznar oder Blair sich nicht ihrer Verantwortung gestellt haben. Was die Menschen letztlich wollen, ist, die Freiheit zu genießen. Ich erinnere mich an das Ende von Ceausescu in Rumänien vor kurzem: Er starb, als eine Frau ihn als Lügner bezeichnete, weil das ganze repressive Gebäude zusammenstürzte. Das ist die Macht, die der Freiheit nicht widerstehen kann. Ich bin sicher, dass wir die Resolution bekommen werden."

Aznar fügte vorsichtig an, dass das Einzige, was ihn an Bush beunruhige, dessen Optimismus sei. Bush meinte daraufhin, er sei sich sicher und "in Frieden mit sich". Ihn störe aber die Inaktivität mancher Europäer, denen das Leiden der Iraker egal zu sein scheine, weil sie Moslems und weit weg sind. Daraufhin erklärt Aznar, dass er die "ethischen Bedenken" von Bush teile, der aber auch sagt, dass er je besser in den USA ankomme, je stärker ihn die Europäer angreifen.

Telepolis, 27.09.2007
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Ich denke wie ein Atheist,
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