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Der Kampf der Lokführer

 
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Störtebeker



Anmeldungsdatum: 14.05.2006
Beiträge: 1256

BeitragVerfasst am: Mi Aug 15, 2007 10:04 am    Titel: Der Kampf der Lokführer Antworten mit Zitat

Der Konflikt zwischen Lokführern, der Deutschen Bahn AG und den Gewerkschaften ist von anderer Qualität als das bisher übliche, aus Zahnlosigkeit entschärfte gewerkschaftsorganisierte Trillerpfeifenkonzert der zu Pfeifen degradierten Arbeitnehmer. Aus der Entwicklung dieses Konfliktes und den daraus zu ziehenden Lehren es unmöglich, dem systematischen Abbau von Löhnen und sozialen Rechten entgegenzutreten.

Die Situation selbst: Nach Jahren systematischer Senkung der Reallöhne und immer unerträglicher werdenden Arbeitsbedingungen, haben die Lokführer in ihrer Tarifverhandlung zumindest einen teilweisen Ausgleich der Verluste gefordert. Damit haben sie eine breite Widerstandsfront gegen sich aufgebracht. Vom Bahn-Vorstand selbst, das sog. Unternehmerlager, ja sogar die Berliner Politasse inklusive ihrer Büttel, Gerichte und Medien. Das wäre noch relativ gewöhnlich, was hier jedoch passiert ist, daß die Bahngewerkschaften Transnet und GDBA und der DGB sich gegen die Menschen stellen, die sie ach so selbstlos vor den bösen Unternehmern zu schützen vorgeben.

Die miserable Arbeit der Gewerkschaften, die genau wie die Bundesregierung strikt und konsequent gegen ihr Klientel und zu deren Schaden arbeiten, wie in den vergangenen Jahren – z.B. bei Opel, Siemens, Telekom, dem öffentlichen Dienst – ist immer wieder zu erkennen und hatte erstaunlicherweise noch immer keine Massenaustritte zur Folge. Bei diesem Konflikt zwischen Lokführern und Bahn hat sie eine neue „Qualität“ erreicht. Transnet und DGB haben entgegen ihrem Geschäftszweck offen den Streikbruch und die Hetzpropaganda gegen die Lokführer organisiert. Der DGB-Vorsitzende Sommer verurteilte die Streiks der Lokführer öffentlich. Das juristische Vorgehen der Bahn, die ein Gericht nach dem anderen abklapperte, bis sie endlich eine Arbeitsrichterin fand, die ein Streikverbot verhängte, wurde von der Transnet unterstützt.

wsws.org schreibt hierzu „Die Lokführer waren von Anfang an mit der geballten Macht des Staates konfrontiert, und der DGB stellte sich als staatstragende Kraft an die Seite der Regierung. Trotzdem stimmten in der Urabstimmung fast 96 Prozent der Lokführer und Zugbegleiter für Streik und ließen sich auch von massiven Drohungen nicht einschüchtern.“

Selbst die Lokführergewerkschaft GDL und ihre Führung um Manfred Schell zeigte sich von ihrer unfähigsten Seite. Anstatt anläßlich des Streikvotums ihrer Aufgabe nachzukommen, ruderten sie rekordverdächtig zurück und versuchten es mit einem faulen Kompromiss, statt Gewerkschaftsarbeit. Der Erfolg der ersten Warnstreiks ermutigte die GDL keineswegs, im Gegenteil. Von nun an wurde alles verzögert und verschleppt. Schell, der eigentlich wissen müsste, daß es kein Schlichtungsabkommen zwischen Bahn und GDL gibt, schlug ein Schlichtungsverfahren unter Beteiligung von Heiner Geißler und Kurt Biedenkopf vor, altgediente CDU-Mitglieder und für ihre „Wirtschaftsnähe“ berüchtigt.

Die Bewertung des Nürnberger Arbeitsgerichtsurteils durch den Professor für Arbeits- und Wirtschaftsrecht an der Uni Bremen, Wolfgang Däubler, die Argumentation sei völlig unangemessen und die einstweilige Verfügung gegen den Streik rechtlich unhaltbar, wischte die GDL beiseite und stimmte einem Vergleich und Streikverzicht bis zum 27. August zu. Das Schlichtungsverfahren wird üblicherweise den öffentlichen Druck auf die Lokführer erhöhen, der „Schlichterspruch“ der beiden CDU-Politiker Geißler und Biedenkopf wird den Vorstellungen des Bahnvorstandes weitestmöglich entgegenkommen und die „Schlichtung“ ein fauler Kompromiß und Ausverkauf.

Gerade weil viele Lokführer diese „Kompromissbereitschaft“ der GDL ablehnen und nach einer Möglichkeit suchen, den Kampf fortzusetzen, wird klar,daß ein Tarifkampf für angemessene Löhne und bessere Arbeitsbedingungen mit den herkömmlichen gewerkschaftlichen Mitteln und Methoden zum Scheitern verurteilt ist. So, wie es den Lokführern heute ergeht, ist morgen eine andere Tarifgruppe mit dem Machtkartell aus Regierung, Justiz und DGB konfrontiert und wird vorprogrammierter Verlierer sein. Gewerkschaften, Regime und Justiz, alles eine Seite ein und derselben Medaille. Die „deutschen Interessen“ sind zu Interessen der Deutschen Banken und Konzerne verkommen.

Für die Lokführer gibt es keine neutralen Schlichter, auf die Justiz, staatliche Institutionen, wohlmeinende politische Elite, oder gar Gewerkschaften zu vertrauen, wird ihre Forderungen nur boykottieren. Die einzige Rückhaltmöglichkeit ist, die anderen Beschäftigten der Bahn und andere Arbeiter zu mobilisieren. Die Kampfbereitschaft der Lokführer hat in der Bevölkerung große Sympathie gefunden und sollte der Ausgangspunkt sein, sich der veränderten aus der Erkenntnis heraus, WEM die Gewerkschaften tatsächlich dienen, zu stellen. Daß das funktionieren kann, zeigt der Fall Viessmann vor einigen Jahren. Das Aufheulen der Gewerkschaft war das eines waidwunden Tieres. Schade, daß diese Signalwirkung unter den deutschen Abreitern so schnell vergessen wurde.

Wenn die Arbeiter mit ihren alten, nationalen Organisationen brechen, Massenaustritte den Gewerkschaftern zeigen, daß ihr falsches Spiel erkannt wurde, könnte das eine oder andere bewirken. Es wäre zumindest ein Anfang, auch wenn die Gewerkschaften, als eine der größten Unternehmensgruppen, lediglich eine finanzielle Einbuße, aber keinen Tod erleiden würde.

„Die miserablen Löhne und extremen Belastungen, gegen die sich die Lokführer zur Wehr setzen, sind nicht vom Himmel gefallen. Sie sind das Ergebnis einer Politik, die sich seit geraumer Zeit völlig an den Profitinteressen der Wirtschaft orientiert. Die Koalition aus SPD und Grünen, die vor neun Jahren an die Macht kam, hat die Umverteilung von unten nach oben beschleunigt vorangetrieben. Mehrmals hat sie Unternehmensgewinne steuerlich entlastet, während gleichzeitig der Druck auf Löhne und Sozialleistungen immer weiter erhöht wurde. Die Zusammenlegung von Arbeitslosengeld und Sozialhilfe und die Einführung von Hartz IV dienten dazu, einen Billiglohnsektor aufzubauen, mit dessen Hilfe die Tariflöhne ausgehebelt und gesenkt werden.“


Der wachsende Widerstand gegen diese Politik mag zwar den sog. Regierungswechsel und die große Koalition unter Angela Merkel bewirkt haben. Die unsoziale Politik treibt die grosse Koalition ungebremst weiter voran. Der DGB und all seine Einzelgewerkschaften tragen diese Politik in vollem Umfang mit.

Alleine der Umstand, daß ein Unternehmen ein Arbeitsgericht nach dem anderen abklappert, bis es ein willfähriges Gericht findet, das den Streik verbietet, zeigt eine neue Vorgehensweise gegen die Lohnsklaverei an. Die Begründung des Nürnberger Arbeitsgerichts, „Streiks könnten in der Hauptreisezeit zu immensen wirtschaftlichen Schäden führen“, ist Verhöhnung der Arbeitnehmer schlechthin. Dieses Urteil unterläuft das im Grundgesetz verbriefte Koalitionsrecht, aus dem sich das Streikrecht ableitet, wird hier – wie so vieles – mit Füßen getreten und kann morgen gegen alle Streiks angewandt werden, die über zahnlose, DGB-genehmigte Trillerpfeifenproteste oder „symbolische Streikaktionen“ in der Mittagspause hinausgehen.

Auf allen Ebenen wird der Klassencharakter der Gesellschaft erneut installiert. Wirtschaftsinteressen und Großmachtpolitik, gestützt durch eine Justiz, die die unmittelbaren Interessen „herrschenden Klasse“ durchzusetzen haben. Arbeitgeber-Präsident Dieter Hundt forderte wenige Tage nach dem Nürnberger Richterspruch ein weitgehendes Streikverbot und mahnte Gesetzesänderungen an, um „Arbeitskämpfe kleiner Berufsgruppen“ künftig zu unterbinden. „Ein Streik einer Spartengewerkschaft für die von ihr vertretene Minderheit der Belegschaft muss per Gesetz für unverhältnismäßig und damit unzulässig erklärt werden, wenn bereits ein Tarifvertrag gilt, der alle Beschäftigten erfasst“, forderte Hundt. Andernfalls sei die gesamte Tarifautonomie “akut bedroht”.

„Tarifautonomie“ sagt die Nichteinmischung des Staates in tarifliche Auseinandersetzungen aus, eine neue Begriffsumkehrung, wie in so vielen Fällen? Die Arbeitgeber wollen diese Autonomie nun „als Alleinvertretungsanspruch der DGB-Gewerkschaften“ interpretiert wissen, um ungestört und ungehindert Knebelverträge, Lohnsenkung und Sozialabbau durchsetzen zu können. Solange jedoch Arbeiter und Angestellte brav ihre Gewerkschaftsbeiträge bezahlen, ist die Frage erlaubt, ob sie es denn wirklich anders „verdient“ haben?

Siehe auch
wsws.org 14.08.2007
http://www.wsws.org/de/2007/aug2007/lok-a14.shtml
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Spitfire



Anmeldungsdatum: 21.02.2006
Beiträge: 402
Wohnort: L.A., California

BeitragVerfasst am: Mi Aug 15, 2007 10:16 am    Titel: Antworten mit Zitat

Soll’n se doch ihre Loks selber fahren.

Dienst nach Vorschrift ist auch nicht so schlecht. kommt garantiert keine Lok aus dem Bahnhof.

Haben die Piloten der Bw auch mal gemacht. Innerhalb von ein paar Tagen war die Sache ‘geregelt’.
_________________
“Wenn ein Volk seit 3000 Jahren verfolgt und geächtet wird, dann muss dass wohl irgend einen Grund haben”.
Henry Kissinger
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Monstranz



Anmeldungsdatum: 13.05.2006
Beiträge: 392

BeitragVerfasst am: Mi Aug 15, 2007 1:35 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Das ist das Dilemma, wir Deutschen lassen uns sogar diktieren wann, wo und wie wir zu streiken haben. Das Gleiche gilt auch auf Demos oder eben Mahnwachen, alles was die brd-Büttel uns vorsagen, wird fein brav erfüllt, damit man auch ja seinen “symbolischen” Protest vortragen kann.
„Streiks könnten in der Hauptreisezeit zu immensen wirtschaftlichen Schäden führen“- Ja genau deswegen sollte ja gestreikt werden und warum entscheidet in der brd ein Gericht über die Anliegen der Arbeitnehmer, ach ja Besatzerrecht.
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